Obwohl wir absolut keine Ahnung von KI haben, sind wir kürzlich auf die Idee gekommen, ein fiktives KI-Interview mit dem verstorbenen Ökonomen, Politiker und Mathematiker John Maynard Keynes zu initiieren, in dem es um die Vor- und Nachteile einer im europäischen Kontext fairen Besteuerung der handwerklich seriös arbeitenden Speisegastronomie ging. Das Experiment hat derart überzeugend funktioniert, dass wir beschlossen haben, ein weiteres Interview dieser Art zu wagen.
Diesmal haben wir uns entschieden, den verstorbenen Architekten, Designer, Bildhauer, Architekturtheoretiker und Stadtplaner Le Corbusier zu der Idee zu befragen, Innenstädte möglichst autofrei zu gestalten. Ein aus unserer Sicht extrem spannender Ansatz, denn immerhin ist Le Corbusier nicht nur einer der einflussreichsten und wichtigsten Stadtplaner des 20. Jahrhunderts, sondern auch der geistige Vater der Ville Radieuse – jener utopischen Vision einer hochfunktionalen und menschenfreundlichen Stadt, in der sich Wohnen, Arbeiten, Mobilität und Erholung perfekt ergänzen und nicht gegenseitig bekämpfen.
Wer also wissen will, was Monsieur Le Corbusier davon hält, Autos aus den Innenstädten zu verbannen, sollte jetzt unbedingt weiterlesen.
Frage: Monsieur Le Corbusier, viele europäische Städte verfolgen derzeit das Ziel, den motorisierten Individualverkehr aus den Innenstädten zu reduzieren. Dazu zählen Maßnahmen wie der Abbau von Parkplätzen, veränderte Verkehrsführungen und die Einrichtung großflächiger autofreier Zonen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung aus Sicht eines Stadtplaners?
Le Corbusier: Die Stadt ist ein Werkzeug. Sie soll dem Menschen dienen – nicht einem Idealbild, sondern seinen realen Bedürfnissen. Mobilität gehört zu diesen Bedürfnissen. Wer sie pauschal einschränkt, verändert nicht nur das Stadtbild, sondern greift tief in die Struktur des urbanen Lebens ein. Ich habe die Stadt nie als Ort der Verweigerung gedacht, sondern als System, das durch klare Ordnung funktioniert. Der Verkehr – auch der motorisierte – ist ein essenzieller Teil dieses Systems. Ihn zurückzudrängen, ohne ihn funktional neu zu organisieren, führt nicht zu Fortschritt, sondern zu Störungen.
Frage: Viele der genannten Maßnahmen werden mit dem Ziel begründet, Städte klimafreundlicher und lebenswerter zu gestalten. Führt weniger Autoverkehr automatisch zu besseren Städten?
Le Corbusier: Entscheidend ist nicht, wie viel Verkehr es gibt, sondern wie er organisiert wird. In der Ville Radieuse habe ich das Auto nicht verbannt, sondern ihm einen festen, durchdachten Platz eingeräumt. Der fließende Verkehr, getrennt vom Fußgänger, ist keine Bedrohung – er ist eine Lösung. Wer Straßen verengt und Durchfahrten schließt, provoziert Umwege. Und diese Umwege erzeugen genau jene Emissionen, Staus und Zeitverluste, die man eigentlich vermeiden will. Wer wirklich ökologisch denkt, denkt in effizienten Strukturen, nicht in Verboten.
Frage: Der sogenannte Parkplatzsuchverkehr zählt heute zu den größten Emissionsquellen im innerstädtischen Bereich. Wie hätte Ihre Stadtplanung darauf reagiert?
Le Corbusier: Indem sie dieses Problem gar nicht erst entstehen lässt. Parkplatzsuchverkehr ist kein unvermeidliches Phänomen, sondern die Folge fehlender Struktur. In meinen Konzepten waren Parkmöglichkeiten zentralisiert, gut erreichbar und ausreichend dimensioniert. Es geht nicht darum, Parkplätze einfach zu entfernen oder zu verstecken, sondern darum, sie sinnvoll einzubinden. Wer sie ersatzlos abschafft, verlagert das Problem lediglich auf die Straße – mit allen bekannten Folgen. Die Stadt muss Bewegungen führen, nicht verhindern.
Frage: Ein weiteres Argument der Verkehrswende ist die Rückgewinnung des öffentlichen Raums. Städte sollen für Menschen, nicht für Autos gebaut sein. Können Sie dieser Sichtweise etwas abgewinnen?
Le Corbusier: Selbstverständlich. Städte sollen in erster Linie den Menschen dienen. Aber der Mensch bewegt sich nicht nur zu Fuß. Er lebt, arbeitet, versorgt sich – oft unter Nutzung des Autos. Eine Stadt, die dem Verkehr Raum gibt, ermöglicht genau diese Bewegungsfreiheit. Eine Stadt, die Bewegungen künstlich behindert, erzeugt Stillstand – sozial, wirtschaftlich und funktional. Der öffentliche Raum gewinnt nicht durch bloße Leere, sondern durch eine kluge, ausgewogene Nutzung.
Frage: In vielen Innenstädten klagt der Einzelhandel über sinkende Besucherzahlen. Besteht aus Ihrer Sicht ein Zusammenhang mit verkehrslenkenden Maßnahmen?
Le Corbusier: Ohne Zweifel. Die Erreichbarkeit ist ein zentraler Faktor für die Lebendigkeit eines Ortes. Eine Stadt, die schwer zugänglich wird, verliert ihre Funktion als urbanes Zentrum. Handel, Gastronomie, Dienstleistungen – sie alle benötigen Frequenz. Und diese Frequenz entsteht durch Mobilität. Wird diese Mobilität eingeschränkt, leidet nicht nur der Handel, sondern das gesamte städtische Leben. Eine funktionale Stadtplanung denkt stets vom Menschen und seinen tatsächlichen Bedürfnissen aus – nicht von Verboten.
Frage: Ein weiterer Aspekt betrifft die soziale Dimension. Gerade ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen sind oft auf das Auto angewiesen. Werden sie durch aktuelle Maßnahmen benachteiligt?
Le Corbusier: Eine Stadt, die nicht allen dient, dient letztlich niemandem. Wer Mobilität erschwert, grenzt aus – manchmal ungewollt, aber dennoch spürbar. Stadtplanung muss integrativ sein. Nicht jeder kann Fahrrad fahren. Nicht jeder wohnt im Zentrum. Nicht jeder kann lange Wege zu Fuß bewältigen. Planung darf sich nicht an Idealen orientieren, sondern an der gelebten Realität. Ich habe stets für funktionale, inklusive Lösungen plädiert – nie für soziale Experimente.
Frage: Sie sprechen das Thema Ideologie an. Viele Menschen empfinden die Verkehrswende als ideologisch geprägt. Was halten Sie davon?
Le Corbusier: Stadtplanung ist keine moralische Instanz. Sie ist eine technische, soziale und kulturelle Aufgabe. Ihre Aufgabe ist es, zu ermöglichen, nicht zu bevormunden. Wenn Planung Ausdruck politischer Ideologien wird, verliert sie ihre Neutralität und damit ihre Wirksamkeit. Die Stadt ist ein gestaltbarer Raum – und sie braucht klare Maßstäbe: Funktion, Ordnung, Effizienz. Nicht moralische Appelle, sondern kluge Struktur.
Frage: Was wäre aus Ihrer Sicht ein sinnvoller Weg für die Zukunft der städtischen Mobilität?
Le Corbusier: Integration statt Konfrontation. Wir brauchen Systeme, in denen Fußgänger, öffentlicher Verkehr und motorisierter Individualverkehr koordiniert und effizient zusammenspielen. Es geht um Hierarchie, um klare Wege, um Trennung dort, wo sie sinnvoll ist, und Verbindung dort, wo sie notwendig ist. Die moderne Stadt ist kein Ort der Verbote, sondern ein Ort der intelligenten Organisation. Ihre Aufgabe ist es nicht, Bewegungen zu unterbinden, sondern sie bestmöglich zu lenken.
Monsieur Le Corbusier, wir danken Ihnen sehr herzlich für dieses Gespräch.
PS: Unser Prompt, der dieses Interview „provoziert“ hat, lautet übrigens wie folgt: Verfasse ein realistisches, professionell geführtes Interview mit dem Architekten und Stadtplaner Le Corbusier, als hätte er es heute gegeben. Seine Antworten sollen auf Basis seiner städtebaulichen Visionen wie der Ville Radieuse, seiner funktionalistischen Architekturauffassung und seinen Schriften zur modernen Stadtentwicklung rekonstruiert werden. Die Fragen sollen sachlich, journalistisch neutral und aktuell ausgerichtet sein. Im Fokus stehen verkehrspolitische Entwicklungen in europäischen Städten, insbesondere die systematische Reduktion des motorisierten Individualverkehrs durch Maßnahmen wie Parkplatzabbau, geänderte Verkehrsführungen und autofreie Zonen. Le Corbusiers Antworten sollen seine theoretische Haltung und sein Verständnis für Ordnung, Funktionalität und Effizienz im Dienst des Menschen widerspiegeln. Besonders berücksichtigt werden sollen die praktischen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf Mobilität, Umwelt, Erreichbarkeit, wirtschaftliche Strukturen und gesellschaftliche Teilhabe. Es sollen auch unbeabsichtigte Nebenfolgen wie Parkplatzsuchverkehr, erhöhte Emissionen durch Umwege oder mögliche Einschränkungen für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen thematisiert werden. Ziel ist es, Le Corbusiers Perspektive auf diese Entwicklungen nachvollziehbar darzustellen, ohne sie zu modernisieren oder zu idealisieren, sondern konsequent aus seinem historischen Denken heraus zu formulieren.