Innerhalb des kinematografischen Star-Trek-Universums gibt es die außerirdische Rasse der Ferengi. Ihr gesamtes Denken und Handeln dreht sich ausschließlich um Profit. Für sie ist Geld nicht einfach nur ein profanes Mittel zum Zweck, sondern eine echte Religion. Ihr aus knapp 300 Regeln bestehender Katechismus, die sogenannten „Ferengi Rules of Acquisition“, ist so etwas wie die Bibel des Mammons. Dort heißt es unter anderem: „No good deed ever goes unpunished.“
Die deutsche Regierung hat sich diese Devise offensichtlich zum Vorbild genommen und bestraft Unternehmer, die Gutes tun möchten. In diesem Kontext berichtet Oliver Stöhring, ein Diplom-Finanzwirt und ehemaliger Finanzbeamter, der heute als Influencer unter dem Namen „Olli nicht im Dienst“ bekannt ist, dass kürzlich wegen einer Bombendrohung auf dem Oktoberfest mehrere tausend frisch gegrillte Hähnchen vernichtet wurden. Alles perfekte Broiler, goldbraun, duftend, hygienisch einwandfrei und fertig zum Verzehr. Man hätte sie also theoretisch ohne jede Schwierigkeit an Bedürftige oder an die Tafel verschenken können.
Doch der Wirt entschied sich schweren Herzens gegen das Verschenken, weil die kostenlose Abgabe von unverdorbenen Lebensmitteln als sogenannte unentgeltliche Wertabgabe gilt und damit sofort steuerpflichtig wird. Also wird selbst das Verschenken von Speisen vom Fiskus so behandelt, als wäre es ein steuerpflichtiger Verkauf, für den Umsatzsteuer fällig wird. Wer etwas verschenkt, wird also vom Staat zur Kasse gebeten, als hätte er daran verdient.
Er hätte zwar theoretisch versuchen können, den Wert der Hähnchen buchhalterisch auf null zu setzen. Doch dieser Weg wäre steinig und riskant gewesen, weil die Ware einwandfrei und zum Verzehr geeignet war. Jeder Versuch, sie steuerlich als wertlos zu deklarieren, hätte damit ein erhebliches Konfliktpotenzial mit der Finanzverwaltung bedeutet, verbunden mit teuren Gutachten, endlosen Schriftwechseln, anwaltlicher Vertretung und all den nervenaufreibenden Auseinandersetzungen, die ein bereits vollkommen überbürokratisierter und fiskalisch komplett ausgebluteter Wirt ungefähr so gut gebrauchen kann wie ein Aneurysma im präfrontalen Cortex.
Für den betroffenen Wirt, der durch die Bombendrohung ohnehin schon einen massiven wirtschaftlichen Schaden erlitten hatte, war die Entscheidung damit reine Mathematik. Entweder die frischen Hähnchen wegwerfen und den Schaden so weit wie möglich begrenzen oder sie verschenken und dafür entweder die komplette Umsatzsteuer an den Staat zahlen oder versuchen, den Wert der Hähnchen buchhalterisch auf null zu setzen und damit das Risiko einer langen Auseinandersetzung mit dem Finanzamt einzugehen. Dass sich der Wirt letztendlich für die Entsorgung der Hähnchen entschieden hat, ist in einem maximal riskanten und gastronomiefeindlichen Umfeld wie Deutschland mehr als nachvollziehbar.
So landet das, was die Bedürftigsten hätte glücklich machen können, einfach auf dem Müll. Für den Staat natürlich eine tolle Sache, weil es ja nicht angehen kann, dass sich die Ärmsten der Armen einfach durch die kostenlose Entgegennahme von Lebensmitteln vor der höchsten deutschen Bürgerpflicht drücken – dem Steuerzahlen.
Dieses großzügige Privileg gewährt die Regierung schließlich nur den großen Fast-Food-Ketten, ultrareichen High-Net-Worth-Individuals und international operierenden Convenience-Food-Konzernen. Nicht umsonst steht auf den legendären Wisecrack-Promotion-Shirts von Mossack & Fonseca der berühmte Satz: „Because taxes are for poor people.“
