Clint Eastwood, der mittlerweile 95-jährige Schauspieler, Regisseur, Komponist und Sänger, lebte bereits seit den 1970er-Jahren in Carmel-by-the-Sea und entwickelte früh eine tiefe Verbundenheit zu der pittoresken Künstlerkolonie mit ihren windschiefen Cottages, malerischen Pinienhainen und strengen Bauvorschriften. Eine so leidenschaftliche Verbundenheit, dass er sich sogar zwei Jahre lang bereit erklärte, sich als Bürgermeister für die Belange der zauberhaften Stadt zu engagieren.
Während seiner Amtszeit setzte er sich unter anderem für mehr Transparenz im Rathaus ein, lockerte bürokratische Hürden für Gastronomen und setzte sich für den Erhalt des historischen Ortsbildes ein.
Als Eastwood hörte, dass die malerische Mission Ranch verkauft werden soll, um in eine gesichtslose Apartmentanlage umgewandelt zu werden, zögerte er keine Sekunde. Er kaufte die heruntergekommene ehemalige Ranch und Molkerei, um sie vor der endgültigen Zerstörung zu bewahren.
Die Mission Ranch liegt etwas versteckt am Rande von Carmel, in unmittelbarer Nähe der historischen Mission San Carlos Borromeo del Río Carmelo. Umgeben von Salzwiesen, grünen Weiden und dem sanften Gurgeln eines kleinen Baches, erstreckt sich das Anwesen über mehrere Gebäude, die liebevoll im klassischen Ranch-Stil restauriert wurden. Einige Zimmer bieten weite Blicke auf die kalifornische Küstenlandschaft, andere auf die bewaldeten Hügel der Umgebung oder auf verwunschene Gärten mit Lavendel, kalifornischem Mohn und knorrigen Zypressen.
Heute beherbergt die Ranch neben einem kleinen Hotel und einer charmanten Event-Location auch ein ausgesprochen gut frequentiertes Restaurant. Das Lokal befindet sich in einem lauschigen Country House, dessen weiße Holzveranda einen weiten Blick auf die umliegenden Wiesen und sanft gewellten Hügel freigibt. Umgeben von sattem Grün, windschiefen Zäunen und knorrigen Bäumen wirkt das Ensemble wie eine pastoral verklärte Filmkulisse, irgendwo zwischen kalifornischem Landhausstil und Neuengland-Romantik. Ein Ort, der nicht nur zum Essen, sondern auch zum Durchatmen und Verweilen einlädt.
Das Restaurant der Mission Ranch serviert neben nostalgischen Klassikern der amerikanischen Comfort Cuisine auch diverse Gerichte aus dem exotischen Repertoire der hochenergetischen Lipid- und High-Carb-Cucina Italiens. Es gibt dementsprechend nicht nur Clam Chowder, Prime Rib und ein in Bacon gewickeltes Schweinekotelett, sondern auch Pappardelle Bolognese, Fettuccine Alfredo und Linguine mit Scampi.
In der charmanten, kleinen Ranch-Hütte knistert wohlig der Kamin und taucht die Holzgetäfel Kulisse in flackerndes Bernsteinlicht. Das Restaurant der Mission Ranch ist wahrlich ein behaglicher Hort der kulinarischen Kontemplation und geradezu ideal, um den anstrengenden Galerie-Hopping-Tag durch die Dolores Street und die Ocean Avenue noch einmal Revue passieren zu lassen.
Der rustikale Gastraum füllt sich Abend für Abend mit den leger gekleideten Locals der kleinen Künstlerstadt. Man kennt sich, begrüßt sich herzlich, tauscht sich angeregt aus und lacht miteinander, als säße man im verlängerten Wohnzimmer eines alten Freundes. Die Gespräche wirken nie belanglos, sondern stets von echtem Interesse getragen. Und wenn die Stimmung steigt und der Wein beginnt, seine Wirkung zu entfalten, dann wird irgendwann am Piano-Table mitgesungen – zunächst verhalten, später voller Inbrunst.
Alles fühlt sich vollkommen natürlich an. Richtig, schön und geborgen. Fast so, als wäre man endlich dort angekommen, wo man immer schon hingehörte.
Leider hat der deutsche Staat mit seiner maximal gastronomiefindlichen Politik sehr effizient dafür gesorgt, dass hierzulande eine solche heimelige Gastropub-Kultur mittlerweile fast vollständig ausgestorben ist.
Durch die antiken Sprossenfenster eröffnet sich der Blick auf das Meer, auf grasende Schafe und scheue Rehe und immer wieder auf einen geradezu epischen Sonnenuntergang über dem Pazifik. Ein nahezu perfektes Refugium, um bei einem Manhattan oder einem stilvoll gerührten Martini über das cinematografische Œuvre von Clint Eastwood und die entrückte Schönheit des kleinen Küstenstädtchens Carmel-by-the-Sea zu sinnieren.
Die Grilled Castroville Artichoke kommt wunderbar lauwarm, zart geröstet und appetitlich angerichtet auf den Teller. Die fleischigen Blätter der Artischocke haben durch das Grillen ein feines Röstaroma entwickelt, das hervorragend mit der süßlich konzentrierten Balsamicoglace harmoniert. Die halbierte, ebenfalls gegrillte Zitrone bringt mit ihrer rauchigen Säure einen lebendigen Frischeakkord ins Spiel.
Besonders erwähnenswert ist die Basilikum-Aioli, die in einer silbernen Saucière separat serviert wird. Angenehm cremig, dezent knoblauchig und mit einem klaren Basilikumakzent passt sie ausgezeichnet zu diesem mediterranen Klassiker.
Die Shrimps sind appetitlich drapiert, frisch und verfügen über eine perfekte Duktilität. Insgesamt steht die Kreation unserem Shrimp-Cocktail im M-Steakhouse damit in nichts nach.
Was das Gericht aber grundsätzlich von unserer Version unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir unsere Shrimps nicht mit einem feurigen BBQ-Rub marinieren.
Ob man die dezente Puristik unserer Variante bevorzugt oder die aromatisch-rauchige Würzung in der Mission Ranche, ist keine Frage von besser oder schlechter – sondern schlicht eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Ein verrückter Ort, eine verrückte Zeit. Nach hunderten von Caesar Salads, Wedge Salads, Ranch Salads, Niçoise Salads und Cobb Salads entschieden wir uns einfach mal, etwas vollkommen Verrücktes zu bestellen: einen Rucola Salat mit Burrata, gerösteten Pinienkernen, Cherry-Tomaten und italienischem Prosciutto-Schinken.
Für Leser, die sich gerade gefragt haben, was in drei Teufels Namen eine Burrata sein soll, hier noch die Erklärung: Burrata ist ein italienischer Frischkäse aus Kuhmilch. Er besteht aus zwei Komponenten: einer elastischen Außenhaut, die aus erhitztem und gezogenem Käsebruch geformt wird, und einem weichen, cremigen Inneren. Dieses Innere setzt sich aus frischer Sahne und zerpflücktem Käseteig zusammen. Beim Aufschneiden tritt die Füllung aus und vermischt sich mit der festen Hülle. Der Geschmack ist mild, leicht milchig und nur dezent säuerlich, die Konsistenz variiert zwischen zart und cremig. Burrata wird meist frisch verzehrt und eignet sich besonders gut für kalte Gerichte wie Salate oder Antipasti. Hergestellt wird sie traditionell in Süditalien, vor allem in der Region Apulien.
Wir servieren übrigens im Ivory Club auch eine Burrata mit Papaya und Korianderpesto. Eine Kombination, die auf den ersten Blick absurd anmutet, sich geschmacklich jedoch als überraschend harmonisch und erfrischend erweist. Die milde Cremigkeit der Burrata trifft auf die süß-säuerliche Fruchtigkeit der reifen Papaya, während das Korianderpesto mit seiner ätherischen Würze einen aromatischen Kontrapunkt setzt.
Heilbutt ist köstlich, bedarf aber eines präzisen Timings. Gart man den edlen, aber mageren Fisch auch nur eine Sekunde zu lang, wird er faserig und trocken. Glücklicherweise verstehen die Köche auf der Mission Ranch ihr Handwerk, und so kommt der fangfrische Fisch punktgenau gegart an den Tisch.
Der Heilbutt besticht jedoch nicht nur durch exzellente Qualität, eine perfekte Kalibrierung und seine exakt getimte Garstufe, sondern auch durch seine goldbraun kolorierte, appetitlich knusprige Kruste. Begleitet wird die maritime Hauptattraktion von ein paar kleinen Drillingkartoffeln, zartem Broccolini und einer dezenten Zitronen-Beurre blanc.
Insgesamt ist die Kreation kulinarisch stimmig, unaufgeregt und handwerklich präzise exekutiert. Also ein Gericht ganz nach unserem Gusto!
Das in Bacon gewickelte Schweinekotelett wird uns von der herzlichen Kellnerin mit leuchtenden Augen wärmstens empfohlen. Und wer wären wir, wenn wir in einem solchen Moment nicht auf ihren fachmännischen Rat hören würden.
Das mit einem süffig-pikanten Chipotle-Ahornsirup glasierte Kotelett wird von einem süßlich-sauren Apfelkompott, zartem Blattspinat und einem rustikalen Kartoffelstampf kulinarisch klug flankiert. Besonders der Kontrast zwischen dem rauchig-würzigen Bacon, der leicht karamellisierten Glasur und der fruchtigen Säure des Kompotts sorgt für ein komplexes, aber dennoch geerdetes Aromenspiel.
Das Kotelett ist insgesamt so gut, dass wir unumwunden zugeben müssen, dass selbst unser legendäres Schweinekotelett im Franziska, unserem 360-Grad, bodentief verglasten Panoramarestaurant auf der Spitze des Henninger Turms, nicht besser schmeckt. Vielleicht anders. Aber sicher nicht besser.
Wir können hier also mit gutem Gewissen die absolute Höchstnote Mookstyle vergeben.
Als finales Crescendo gönnen wir uns auch noch ein schokoladiges Guilty Pleasure.
Vor uns thront eine üppige, wohltemperierte Schokoladentorte mit dunklem Keksboden, gekrönt von einem glänzenden Guss aus herber Schokoladensauce, der in dichten Bahnen langsam über die cremige Oberfläche fließt. Die Textur changiert zwischen samtig und fast mousseartig, dabei dennoch fest genug, um jeder Gabel einen robusten Widerstand zu bieten.
Daneben eine wolkige Haube aus frisch geschlagener Sahne, die mit ihrer kühlen, luftigen Leichtigkeit einen reizvollen Kontrast zur dichten Opulenz der Torte bildet. Ein paar frische Blaubeeren und ein Hauch Minze setzen einen dezenten farblichen Akzent, der das Ensemble optisch abrundet, ohne es zu stören.
Ein Dessert, das sich nicht entschuldigt und stattdessen selbstbewusst zelebriert, was es ist. Dekadent, klassisch, kompromisslos süß. Ein gelungener Schlusspunkt. Oder besser gesagt, ein süßer Paukenschlag zum Abschluss eines rundum gelungenen Abends.