Ray Dalio, der schillernde Milliardär, Bestsellerautor und Hedgefonds-Manager, beschreibt in seinem fast siebenhundert Seiten starken literarischen Mammutwerk „The Changing World Order – Why Nations Succeed and Fail“, dass es untrügliche Alarmsignale gibt, die den Niedergang einer Nation ankündigen. Die eindeutigsten Indikatoren dafür, dass eine Nation kurz vor dem Fall steht, sind laut Dalio eine immer stärker metastasierende Bürokratie, eine zunehmende Radikalisierung der politischen Ränder, die Unfähigkeit, sich auf eine gemeinsame Wahrheit zu einigen, ein stetig sinkendes Bildungsniveau, eine in Stagnation versinkende Wirtschaft und die massenhafte Abwanderung qualifizierter Leistungsträger.
Nun haben wir ja bereits in einem unserer letzten Newsletter ausführlich darüber berichtet, dass sich in letzter Zeit beängstigend viele unserer treuen, motivierten, spendierfreudigen und exzellent qualifizierten Stammgäste von uns verabschiedet haben, weil sie entschieden haben, Deutschland für immer zu verlassen.
Mittlerweile hat sogar der Staat erkannt, dass wir nicht nur ein Problem mit illegaler Immigration haben, sondern auch mit legaler Emigration. Doch anstatt die Fluchtursachen zu beseitigen und so wichtige High-Potentials von der Flucht abzuhalten, haben sich die deutschen Politiker lieber dazu entschieden, Leistungsträger mit der Verschärfung der Wegzugsbesteuerung zum Bleiben zu zwingen.
Die 2022 drastisch verschärften fiskalischen Strafmaßnahmen haben allerdings nicht wie erhofft funktioniert. Allein im Jahr 2024 sind erneut rund 269.986 qualifizierte, wohlhabende und engagierte deutsche Leistungsträger vor der Politik der eigenen Regierung ins Ausland geflüchtet.
Doch anstatt zu erkennen, dass die bisherigen Maßnahmen genau das Gegenteil bewirkt haben von dem, was eigentlich beabsichtigt war, beschlossen Bundestag und Bundesrat im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 einstimmig, die Wegzugsbesteuerung Anfang dieses Jahres noch einmal massiv nachzuschärfen. Nun hat schon Albert Einstein klug erkannt, dass die Definition von Wahnsinn darin besteht, immer wieder das Gleiche zu tun und dabei andere Ergebnisse zu erwarten. Deshalb wird auch die Anfang dieses Jahres in Kraft getretene Verschärfung der Wegzugsbesteuerung den Brain Drain nicht stoppen, sondern im Gegenteil noch beschleunigen. Eine traurige Tatsache, die noch zusätzlich von der aktuellen Neidsteuerdebatte befeuert wird.
Übrigens glauben die meisten Steuerzahler in ihrer Naivität, dass der Staat bei der Wegzugsbesteuerung lediglich das tatsächlich vorhandene Vermögen besteuert. In Wahrheit ist die Sache allerdings noch einmal dramatisch perfider. Denn zur Kasse gebeten werden nicht nur die, die bereits reale Gewinne realisiert haben, sondern auch diejenigen, die lediglich auf dem Papier über rein hypothetische Gewinne verfügen. Das bedeutet, wer Deutschland verlässt, muss eine massive Steuerlast auch auf rein buchhalterische Phantomgewinne entrichten, die er im wirklichen Leben womöglich niemals erzielen wird. Genau dieser perfide Mechanismus macht die Wegzugsbesteuerung zu einer der groteskesten, unsozialsten und ungerechtesten Steuern im gesamten Steuerrecht.
Besonders zynisch dabei ist, dass die Regelung in Wahrheit nur die sogenannten armen Reichen trifft. Denn die wirklich superreichen Ultra-High-Net-Worth Individuals haben ihr Geld schon längst über clevere Stiftungs- und Holdingstrukturen steueroptimiert ins Ausland verschifft. Die wahren Opfer der Wegzugsbesteuerung sind deshalb nur die fleißigen und erfolgreichen Mittelständler, die zu reich sind, um als arm zu gelten, und zu arm sind, um sich durch smartes Financial Engineering der kleptokratischen Mauersteuer zu entziehen.
Die Wegzugsbesteuerung ist damit ein weiteres Paradebeispiel für die kalte politische Realität in Deutschland. Menschen dermaßen in die Verzweiflung zu treiben, dass sie bereit sind, aus ihrem eigenen Vaterland zu fliehen, und sie dann auch noch fiskalisch mit der Besteuerung nicht realisierter Phantomgewinne zu bestrafen, ist moralisch wirklich die totale Bankrotterklärung. Kein Wunder, dass engagierte und leistungsbereite Freigeister vor einer solch perfiden und kleptokratischen Steuerpolitik unter allen Umständen fliehen wollen, egal was es kostet.
Die Idee einer Wegzugsbesteuerung ist übrigens nicht ganz neu. Bereits 1931 führte die Weimarer Republik inmitten der Weltwirtschaftskrise die sogenannte Reichsfluchtsteuer ein. Offiziell sollte sie verhindern, dass wohlhabende Bürger ihr Kapital ins Ausland transferieren und es damit der krisengeplagten Volkswirtschaft entziehen. In Wahrheit entwickelte sie sich jedoch schnell zu einem repressiven Instrument, das insbesondere unter den Nationalsozialisten perfide missbraucht wurde, um Flüchtende bei ihrer erzwungenen Emigration aus Deutschland finanziell komplett auszuplündern.
