Teutonisch sozialisierte Kontinentaleuropäer begeistern sich laut anthropologischen Studien vornehmlich für die hochenergetische Lipid- und High-Carb-Cucina Italiens. In Großbritannien hingegen sind die kolonial geprägten Briten eher vom komplexen Aromenspiel der indischen Haute Cuisine fasziniert. Entsprechend euphorisch reagierte die englische Presse, als die renommierte JKS Group ankündigte, in der beliebten Gastromeile Heddon Street in den Räumlichkeiten des ehemaligen Momo ein weiteres indisches Restaurant zu eröffnen. Kein Wunder, immerhin betreibt die JKS Group bereits die absoluten Top-Notch-Inder Bibi, Trishna und das zweifach besternte Gymkhana. Nun hat das sehnsüchtig erwartete Ambassadors Clubhouse endlich seine Pforten geöffnet. Damit war natürlich sofort klar, dass wir umgehend nach London reisen mussten, um die neue Supervenue für Euch unter das gestrenge Mookular zu nehmen. Immerhin wissen wir ja, was die Community von uns erwartet!
Die renommierte JKS Hospitality Group gehört den indischstämmigen Geschwistern Jyotin, Karam und Sunaina Sethi. Die Sethi-Familie hat sich in der Londoner Gastronomieszene einen Namen wie Donnerhall gemacht und betreibt einige der aufregendsten und erfolgreichsten Restaurants der Stadt. Jyotin Sethi, der als Geschäftsführer agiert, hat ein messerscharfes Gespür für betriebswirtschaftliche Strategien und kümmert sich um die Expansion des Unternehmens. Karam Sethi, der als Koch und kreativer Kopf fungiert, sorgt dafür, dass jedes Restaurant durch einzigartiges Interieur und exzellente Küche besticht.
Neben zahlreichen indischen Konzepten wie dem Trishna, dem Bibi und dem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Gymkhana betreibt die JKS Hospitality Group auch noch das grandiose persische Hole-in-the-Wall-Restaurant Berenjak, die spanische Neo-Tapas-Bar Sabor, das thailändische Curry-over-Rice-Konzept Plaza Khao Gaeng und die sri-lankische Appam-Formel Hoppers. Es gibt nicht viele Restaurantgruppen auf der Welt, die es schaffen, so unterschiedliche Konzepte auf einem so extrem hohen Niveau zu eröffnen und gleichzeitig die Qualität zu halten. Da wir aus eigener Erfahrung wissen, wie unendlich schwierig das ist, sind wir voll kollegialer Bewunderung für die Geschwister Sethi.
Das Interieur des neuen Ambassadors Clubhouse stammt erneut aus der kreativen Ideenschmiede der North End Design Studios und ist unter anderem vom Sommerhaus des Großvaters der Sethi-Geschwister in Dalhousie sowie von den historischen Partymansions in Nordindien inspiriert. Das Design kombiniert detaillierte Stencil- und Maltechniken mit klassischen dunklen Stoffen und Originalkunstwerken junger Künstler aus Punjab. Die Teppichmuster, Deckenverzierungen und Möbel mit aufwendigen Intarsienarbeiten sollen wiederum die ursprünglichen Elemente einer exklusiven indischen Botschaft widerspiegeln.
Wir haben übrigens auch schon das einfach besternte Bibi und das zweifach besternte Gymkhana für Euch unter das gestrenge Mookular genommen. Wer diese Artikel ebenfalls lesen möchte, findet die Berichte wie immer problemlos über die Suchleiste unseres Mook Magazin Blogs
Hier sehen wir die First Lady des Mook Culinary Research Teams beim kritischen Studium der faszinierenden Speisekarte. Wie aufmerksame Leser des Mook Magazins bereits wissen, hat die überzeugte Ayurvedikerin und begnadete Köchin im Rahmen ihrer unzähligen Panchakarma-Treatments bereits diverse indische Kochkurse absolviert und stellt mittlerweile sogar mit Begeisterung ihr eigenes Ghee und Paneer her. Sie ist auch unsere härteste Ivory Club-Kritikerin und sorgt dafür, dass wir uns niemals auf unseren kulinarischen Lorbeeren ausruhen.
Die Küche im Ambassadors Clubhouse fokussiert sich auf die authentische Aromenwelt Punjabs, einer der spannendsten und facettenreichsten kulinarischen Regionen Indiens. Punjab ist nicht nur bekannt für ihre fruchtbaren Böden und die Herzlichkeit ihrer Bewohner, sondern auch für die extrem breite Palette an couragiert gewürzten Speisen. Im Mittelpunkt der Punjabi Cuisine stehen Tandoor-Gerichte, bei denen Fleisch, Gemüse und Brot in einem traditionellen Lehmofen zubereitet werden. Klassiker wie Tandoori Chicken, Naan und Paneer Tikka gehören zu den Highlights, die durch eine harmonische Mischung aus Gewürzen wie Kreuzkümmel, Koriander und Garam Masala verfeinert werden. Darüber hinaus spielt auch die Verwendung von Linsen, Kichererbsen und Milchprodukten wie Ghee und Joghurt eine zentrale Rolle in vielen Gerichten.
Wir beginnen unsere kulinarische Tour de Force mit einem traditionellen indischen Chaat. Der Name „Chaat“ ist ein Deonym für eine Vielzahl herzhafter, knuspriger, würziger und erfrischender Snacks, die typischerweise aus frittierten oder gebackenen Teigstücken, Hülsenfrüchten, Gemüse, Joghurt, Chutneys und Gewürzen bestehen. Die Zubereitung und Zutaten können je nach Region stark variieren. Die Idee hinter einem Chaat bleibt jedoch stets dieselbe: Jeder Bissen soll wie eine Aromabombe auf dem Gaumen explodieren. Chaats sind in Indien weit mehr als nur profanes Essen. Diese kleinen „Crowdpleaser“ verkörpern einen ganzen Lebensstil und prägen mit ihren unzähligen Streetfood-Ständen das lebendige Straßenbild des Landes. Der Begriff „Chaat“ leitet sich übrigens vom Hindi-Wort „chaatna“ ab, was so viel bedeutet wie „lecken“ oder „schlecken“.
Das Ambassadors Clubhouse verzichtet konsequent darauf, die auf der Speisekarte angepriesenen indischen Gerichte mit erklärenden englischen Subtiteln zu versehen. Selbst für uns als profunde Kenner der indischen Kultur und Kulinarik ist es daher nicht immer einfach, die Karte vollständig zu verstehen. So handelt es sich bei dem als „Nargisi Chicken Koftas“ angebotenen Gericht nicht, wie wir vermutet haben, um profane Hähnchenfrikadellen, sondern um couragiert gewürzte Mini-Scotch-Eggs mit Wachtelei. Serviert wird die britisch-indische Crossover-Kreation mit einem markanten Tomaten-Chutney-Ketchup. Eine kulinarische Ouvertüre, die überrascht und Lust auf mehr macht.
Vada Pav ist ein ikonisches Straßenessen aus Mumbai, das für seine Einfachheit und köstlichen Aromen geschätzt wird. Es besteht üblicherweise aus einem gewürzten Kartoffelbällchen, dem Vada, das in einem weichen Brötchen, dem Pav, serviert wird. Diese Kombination wird oft mit scharfen Chutneys und frittierten grünen Chilischoten ergänzt, die dem Gericht eine zusätzliche Geschmacksdimension verleihen. Vada Pav hat sich als Symbol der indischen Straßenküche etabliert und spiegelt die kulturelle Vielfalt Mumbais wider. Die Mischung aus Gewürzen und der knusprigen Textur machen es zu einem beliebten Snack, der sowohl bei Einheimischen als auch bei Touristen beliebt ist. Mit einem Preis von nur wenigen Rupien bietet es ein unvergessliches Geschmackserlebnis, das die Seele der Stadt einfängt.
Auch wenn Mumbai streng genommen nicht in der Region Punjab liegt, sondern an der Westküste Indiens im Bundesstaat Maharashtra, schmecken uns die kleinen, mit Spiegeleiern gepimpten Hamburger dennoch ganz exzellent.
Das auf der Speisekarte als „Shahi Patiala Lamb Nalli Barrah“ angepriesene Gericht besteht aus einer Kombination von kleinen Tandoori-Lammhaxen und Tandoori-Lammkoteletts. Besonders die Lamb Chops der JKS Group genießen in London regelrechten Kultstatus. Und tatsächlich sind die Lammkoteletts in den Restaurants der JKS Group noch einmal deutlich besser als die legendären Lamb Chops im berühmten Tayyabs, einem indischen Restaurant, das eigentlich als das Lamb-Chop-Mekka Englands gilt.
Die Tandoori BBQ-Butter-Chicken-Drumsticks sind natürlich eine klare Reminiszenz an die legendären Tandoori BBQ-Butter-Chicken-Wings im Brigadiers. Eine vollkommen legitime Sache, bewährte Signature-Gerichte auf leicht modifizierte Art auch in anderen Filialen anzubieten.
Das Ambassadors Clubhouse mariniert sein Chicken Tikka Malai mit einer subtil aromatisierten Joghurt-Marinade. Anschließend werden die saftigen Geflügelstücke im traditionellem Tandoori-Lehmofen herzhaft koloriert. Der Ambassadors Clubhouse nutzt dabei geschickt die stickstoffhaltigen Melanoidine der Maillard-Reaktion, um das köstliche Geflügel mit dem typisch herzhaften Tandoori-Grillgeschmack zu parfümieren. Besser bekommen wir Tandoori Chicken im Ivory Club auch nicht hin.
Die Currys im Ambassadors Clubhouse sind im wahrsten Sinne des Wortes opulent. Während wir im Ivory Club versuchen, uns den deutschen Vorlieben anzupassen und nur so viel Fett wie nötig zu verwenden, arbeitet das umjubelte neue Restaurant der JKS Hospitality Group lieber noch traditionell großzügig mit Ghee und Öl. Darüber hinaus sind die Currys im Ambassadors Clubhouse nur teilweise emulgiert. Wie man unschwer am rechten Topfrand erkennt, hat sich schon beim Servieren ein beträchtlicher Teil des Fetts sauber getrennt und schwimmt als semitransparenter „See“ obenauf. Wer also die eher kalorienärmeren und perfekt emulgierten Currys im Ivory Club vergöttert, muss nicht zwingend auch die hochkalorischen Currys im Ambassadors Clubhouse lieben.
Der perfekte Begleiter zu einem deftigen Curry ist natürlich ein fluffiges Naan-Brot. Dementsprechend entscheiden wir uns für das köstliche indische Fladenbrot. Übrigens gilt Indien unter Experten schon lange nicht mehr nur als die Heimat der besten und facettenreichsten Ethnoküche der Welt, sondern auch als das Land der tausend Brote. Bei den meisten Deutschen erschöpft sich das Wissen über die indische Brotkultur meistens schon bei Pappadam, Chapati, Naan, Roti, Paratha und Dosa. Darüber hinaus gibt es jedoch noch Luchi, Sheermal, Appam, Bakshalu, Baati, Kachori, Puran, Taaftan, Thalipeeth, Uttapam und Sanna. Die Liste ließe sich nahezu unendlich weiterführen. Selbst den geschulten Mitgliedern der Mook-Redaktion ist es nicht möglich, die gesamte Vielfalt der indischen Brotwelt in ihrer Gänze zu erfassen.
Das marokkanische Restaurant Momo gehörte über viele Jahre zu den absoluten Lieblingsrestaurants der Mook-Redaktion. Als wir hörten, dass das bezaubernde Kleinod kurz nach dem wirklich gelungenen Umbau schließen musste, waren wir überrascht und traurig. Das Ambassadors Clubhaus ist jedoch ein wirklich würdiger Nachfolger, der uns ein wenig über den Verlust des Momos hinwegtröstet. Wie zu erwarten war, ist der neue High-End-Inder der JKS Hospitality Group mindestens so gut wie das Jamavar, das Veeraswamy, das Tamarind, das Bombay Bustle, das Amaya, das Chutney Mary oder das Brigadiers. Dementsprechend ist das Ambassadors Clubhouse ein wichtiger neuer Zugang zur ohnehin schon genialen Restaurantlandschaft Londons.