Über Heston Blumenthal braucht man sicherlich nicht mehr viele Worte zu verlieren. Der virtuose Autodidakt gehört schon seit vielen Jahren zu den renommiertesten Köchen der Welt. Er war gemeinsam mit Ferran Adria der prominenteste Trailblazer der sogenannten Molekularküche. Er betreibt diverse Restaurants, schreibt Kochbücher und ist nebenbei auch noch ein äußerst gefragter TV-Star. Er wurde vom Lifestyle Magazin GQ zum „Chef of the Year“ gekürt. Der Observer wählte ihn 2013 sogar zum „Chef of the Decade“. Sein fabelhaftes Gourmetrestaurant „The Fat Duck“ wurde 2004 erstmalig mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Die kontrovers diskutierte Pellegrino-Liste führte sein legendäres Gourmetrestaurant jahrelang konstant auf den allerhöchsten Platzierungen. Die Liste seiner Auszeichnungen und Triumphe ließe sich an dieser Stelle fast unendlich weiterführen. Allerdings ruht sich der umtriebige Tausendsassa nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern hat nun auch noch beschlossen, Dubai im Sturm zu erobern. Um seinen Plan in die Tat umzusetzen, hat sich Heston Blumenthal dazu entschieden, sein Londoner Erfolgskonzept „Dinner by Heston“ in die schillernde Wüstenmetropole zu spiegeln.
Im „Dinner“ möchte Heston Blumenthal fast vergessene Nostalgiegerichte auf eine frische und unkonventionelle Art neu interpretieren, ohne sich dabei durch Konventionen, Zutaten oder Techniken limitieren zu lassen. Im Prinzip verfolgt Heston Blumenthal damit also die gleiche Philosophie wie wir im FRANZISKA.
Epizentrum und optisches Highlight im „Dinner by Heston Blumenthal“ ist eine kybernetisch animierte Metall-Ananas, die über einen komplexen Rube-Goldberg-Powertrain Ananas in der Show-Küche rotieren lässt. Bei der geradezu hypnotisch arbeitenden Ananas-Maschine trifft eine wahrlich geniale Idee auf handwerkliche Perfektion. Verantwortlich für die faszinierende Heath-Robinson-Apparatur ist das in London ansässige Designstudio Seymourpowell. Die Kundenliste der erstaunlichen Kreativschmiede ist übrigens wahrlich beeindruckend. Zu ihren Auftraggebern gehören neben Heston Blumenthal auch Brompton Bikes, Virgin Galactic, Bell Helicopter, Doc Martens, Diageo, Bombardier, Boeing und Land Rover…
Die imposante Steampunk-Ananas öffnet und schließt sich und gewährt so regelmäßig tiefe Einblicke in ihr komplexes Innenleben. Aufmerksame Gourmet-Globetrotter, die gerade vermuten, dass auch der legendäre Dessert-Trolley im Fat Duck und das kybernetisch animierte Messer-Logo des „Perfectionists` Cafe“ aus dem Think-Tank der Seymourpowell Studios stammen, liegen mit dieser Annahme übrigens vollkommen richtig. Unseren Mookular-Bericht über das „Perfectionists` Cafe“ finden Interessierte Leser übrigens wie immer problemlos über die Suchleiste des Mook-Magazin-Blogs.
Der Antriebsstrang, der aus der imposanten Rube-Goldberg-Ananas entspringt, verläuft knapp unterhalb der Restaurantdecke und endet in der beeindruckenden Show-Küche. Jean Tinguely, der ungestüme Herzblutschweizer, Libertin, Maler und sagenumwobene Objet-trouvé-Künstler, hätte sicherlich viel Freude an dieser bizarren Konstruktion gehabt. Wir selbst erfreuen uns jedoch ebenfalls an dieser verspielten Heath-Robinson-Apparatur und sind der Meinung, dass das „Dinner by Heston Blumenthal“ ein wahrlich perfektes Refugium ist, um über kybernetische Kunst, Kulinarik und die Nouveau-Réalisme-Bewegung zu philosophieren.
Als erste Vorspeise bekommen wir eine Portion „Rice & Flesh“ serviert. Bei der Kreation handelt es sich um ein Safran-Risotto mit in Rotwein geschmorten Ochsenbäckchen. Eine eher traditionelle Kombination, die aber durch exzellenten Geschmack und handwerkliche Perfektion überzeugen kann. Eine insgesamt sehr gelungene Ouvertüre, die Appetit auf mehr macht.
Der in Heu geselchte Lachs beweist sehr eindrucksvoll, dass Heston Blumenthal auch die hohe Kunst des Räucherns perfekt beherrscht. Flankiert wird der geräucherte Lachs von einem eingelegten Zitronensalat. Die adstringierende Säure der Zitrusfrucht harmoniert dabei perfekt mit den leichten Raucharomen des Fisches.
Heston Blumenthal hat in seiner kometenhaften Karriere schon viele berühmte Signature-Gerichte kreiert. Seine mit Abstand bekannteste Kreation ist allerdings zweifelsohne die ikonische „Meat Fruit“. Bei dem legendären Crowdpleaser handelt es sich um ein mit Mandarinengelee umhülltes Hühnerleberparfait in Form einer Mandarine. Auf dem unten angehängten Foto kann man gut erkennen, wie perfekt die optische Illusion tatsächlich ist. Übrigens hat uns Heston Blumenthal mit seiner legendäre „Meat Fruit“ damals zu unserer beliebten Leberwurst-Kirsche im Franziska inspiriert.
Aber nicht nur die Optik der faszinierenden Fleischfrucht ist perfekt, sondern auch ihr Geschmack. Das luftig aufgeschlagene Hühnerleberparfait ist angenehm leicht, und die subtile Süße der gestockten Geleehülle korrespondiert perfekt mit den erdigen Aromen der Hühnerleber. Heston Blumenthals Klassiker überzeugt mit einer genialen Idee, handwerklicher Perfektion und einer grandiosen Optik. Wir geben der Kreation deshalb gerne 10 von 10 möglichen Mookpoints!
Als nächsten Gang serviert uns der charmante Kellner einen „Cod in Cider“. Das Rezept stammt laut Speisekarte aus dem 1940 erschienenen Kochbuch „The Good Cook in Wartime“ von Ambrose Heath. Der in Apfelwein servierte Fisch wird mit gegrillten Frühlingszwiebeln, geräucherter Artischocke und Miesmuscheln serviert. Das Gericht ist geschmacklich perfekt ausbalanciert und handwerklich perfekt exekutiert. Wer jedoch die fleischigen, goldgelben Jumbo-Muscheln im Mon Amie Maxi vergöttert, muss nicht zwangsläufig auch von den Muscheln im „Dinner by Heston Blumenthal“ begeistert sein.
Der Heilbutt wird mit gegrilltem Chicorée, Petersilie, Schalotten-Schiffchen und Eukalyptus serviert. Die Kreation zeichnet sich durch exzellente Produktqualität, präzise Garzeiten und eine außergewöhnliche Aromatik aus. Lediglich bei der Optik hätten wir uns eine etwas couragiertere Kolorierung gewünscht. Dementsprechend bevorzugen wir eher Heston Blumenthals legendäre Fish & Chips. Für unseren Backfisch im FRANZISKA verwenden wir übrigens exakt dieselbe Technik wie Heston Blumenthal im „Perfectionists` Cafe“. Wer mehr über die innovative Zubereitungsart erfahren möchten, sollten im Anschluss noch unseren Mookular-Bericht über das „Perfectionists` Cafe“ lesen. Wie immer findet Ihr den Artikel problemlos über die Suchleiste des Mook Magazin-Blogs…
Am Nachbartisch bereitet die charmante Kellnerin gerade mit viel Bohei eine Nitro-Ice-Cream zu. Wir haben bereits mehrfach im „Perfectionists` Cafe“ Nitro-Ice-Cream für euch degustieren dürfen und wissen daher, dass es sich geschmacklich kaum von herkömmlichem Eis unterscheidet. Aus diesem Grund entscheiden wir uns lieber für den Tipsy Cake. Trotzdem ist das Spektakel wirklich nett anzusehen. Und ja, wir geben es zu, auch wir lieben die große Show mit Trockeneisnebel.
Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich beim Tipsy Cake um einen mächtigen Briochekuchen, der mit reichlich Brandy und edelsüßem Sauternes Wein getränkt wird. Dazu serviert der Meister einen Slice seiner legendären Rotisserie-Ananas. Den Geschmack der Kreation kann man perfekt an der Optik ablesen.
Zum Schluss erhalten wir von unserem charmanten und eloquenten deutschen Kellner noch eine liebevoll beschriftet „Take-away-Speisekarte“.