Die legendären Ateliers von Joël Robuchon gehören bekanntermaßen zu den absoluten Lieblingsrestaurants der Mook Redaktion. In den genialen Counter-Kitchen-Konzepten verschmelzen handwerkliche Perfektion und superlässige Atmosphäre zu einer fast einmaligen Kombination. Die weltweit verteilten Ateliers erinnern von ihrem groovigen Throwback-Interieur und der atmosphärischen Lichtarchitektur eher an coole Cocktailbars der Swinging-Sixties. Als Gast sitzt man idealerweise auf bequemen Barhockern am Küchentresen und blickt direkt in die nur spärlich beleuchtete Showküche. Alles ist in ein mystisches Rot und Schwarz getaucht. Nur die eigentlichen Arbeitsplätze der virtuosen Köche sind mit winzigen Pinspots geschickt illuminiert. Leider ist der vielfach besternte Jahrhundertkoch und Multigastronom Joël Robuchon kürzlich verstorben. Aber auch nach dem Tod des genialen Masterminds expandiert die weltweit operierende High-End-Kette fleissig weiter. Beispielsweise hat erst kürzlich im exklusiven Londoner Szeneviertel Mayfair ein völlig neuartiges Joël Robuchon-Konzept seine Pforten geöffnet. Wie der Name schon vermuten lässt, verfügt auch das nagelneue „Le Comptoir Robuchon“ wieder über einen riesigen Kitchen-Counter. Allerdings verfolgt man diesmal eine völlig neuartige Designsprache.
Das neueste Outlet der Robuchon-Gruppe ist diesmal eher hell gehalten. Auch schwelgt die gesamte Venue geradezu obszön in erlesenen Materialien, gediegenen Farbtönen und hochwertigen Oberflächen. Epizentrum der mondänen Räumlichkeit bildet dabei natürlich der riesige namenstiftende marmorne Küchentresen. Ein exklusiver Monolith, von fast hypnotischer Präsenz. Insgesamt ist das „Le Comptoir Robuchon“ ein wahrlich zivilisierter Hort der kulinarischen Regeneration.
Das ausgeklügelte Interior-Design stammt aus dem Think-Tank der Thurstan Design Studios. Die Kreativschmiede wurde erst 2018 gegründet und verfügt dementsprechend noch nicht über ein episches Portfolio. Allerdings war der Gründer und Namensgeber James Thurstan Waterworth früher Design Director bei der beliebten Soho House Member-Club-Hotel-Company. James Thurstan Waterworth war in dieser Zeit federführend für den Look-and-feel der Häuser in Istanbul, Miami, Barcelona und London verantwortlich.
An der prominenten Stirnseite des exklusiven Refektoriums hängt eine gülden reflektierende Faltplastik von Patrik Fredrikson und Ian Stallard. Die beiden Künstler gehören zum harten Kern der New-britisch-Avantgarde-Bewegung und sind seit ihrem legendären Interview im renommierten WALLPAPER Magazin in aller Munde. Ihr Werk besteht vornehmlich aus skulpturalen Wohnmöbeln und reflektierenden Wandinstallationen. Dabei bewegt sich ihr erstaunliches Œuvre fließend zwischen Bildhauerei, Design und Architektur. Spätestens seit ihrer faszinierenden Glaciarium-Kooperation mit der Kristallglasmanufaktur Swarovski dürfte das dynamische Duo auch einem breiteren Laienpublikum bekannt sein.
Joël Robuchon wurde in seiner illustren Karriere schon mit unglaublichen 32 Michelin-Sternen in 13 verschieden Ländern ausgezeichnet. Auch wird Monsieur Robuchon die paradigmatische Revitalisierung der französischen Nouvelle Cuisine zugeschrieben. Er war Vorbild, Lehrmeister und Mentor für viele der bekanntesten Köche der Welt. Robuchon verstarb tragischerweise im August 2018 im Alter von nur 73 Jahren. Ein gutes Beispiel, dass seine nach Perfektion strebende Legacy aber weiterlebt, zeigt sich schon beim opulent bestücktem Brotkorb. Selten zuvor wurde uns ein dermaßen perfekt kuratiertes Kohlehydrat-Bouquet kredenzt.
It’s all about details! Diese viel zitierte Mook-Maxime gilt selbstverständlich auch im „Le Comptoir Joël Robuchon“. Ein sehr schönes Beispiel für diese Tatsache sind die liebevoll gebrandeten Backwaren. Die grandiosen Baguette, Brötchen und Ficelle stammen übrigens alle aus dem in der Nähe beheimateten „Le Deli“. Ein neues High-End-Boulangerie-Konzept, das ebenfalls aus dem Hause Robuchon stammt.
Chef de Cuisine im nagelneuen „Le Comptoir Robuchon“ ist Jermy Page. Der erfahrene Recke hat bereits 13 Jahre lang treu an der Seite von Monsieur Robuchon das Flagship-Atelier in Saint Germain geleitet. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass sich wieder viele altbekannte Robuchon-Klassiker auf der Karte der neuen Dependance wiederfinden. Hier sehen wir beispielsweise die mit Salbeiblättern in Filou-Teig gewickelten Kaisergranat. Ein beliebter Robuchon-Crowdpleaser von geradezu sublimer Eleganz.
Dass man im „Le Comptoir Robuchon“ die hohe Kunst des Frittieren perfekt beherrscht, beweist auch der kunstvoll ausgebackene Blumenkohl. Die fragil ziselierte Struktur erinnert frappierend an ein komplexes Mandelbrot-Fraktal und implodiert förmlich beim ersten Kontakt mit dem Gaumen Eine sehr beeindruckende kulinarische Erfahrung, die uns fast ein wenig an den sagenumwobenen Beef-Salad der New Yorker Redfarm erinnert. Dazu serviert Mister Page noch eine mit dem Espuma-Siphon aufgeschäumte Mayonnaise. Ein paar gekonnt dosierte Sprenkel Piment d’Espelette komplettieren den köstlichen Dip noch um einen durchaus sinnvollen Schärfe-Akkord. Die Mook Redaktion ist begeistert und verleiht der Kreation spontan die Höchstnote Mookstyle.
Der Pied de Cochon im Comptoir hat nichts mit dem Pied de Cochon im berüchtigten Pariser “Pied de Cochon“ zu tun. Der gallertartige Schweinefuß kommt dementsprechend nicht als derb frittierter Kawenzmann daher, sondern vielmehr als eine raffiniert drapierte Petitesse. Insgesamt entpuppt sich die Kreation als ein furioses Potpourri aus gelierten Sehnen und Bändern, schlozigem Kollagen und großzügig dosiertem Schweinefett . Ein köstliches kleines Amuse-Bouche, ganz nach dem Gusto der Mook Redaktion.
Als nächstes serviert uns Jeremy Page eine perfekt pochierte Jerusalem Artischocke. Auch diese Kreation wurde wieder aufwendig mit diversen warmen und kalten Komponenten dekoriert. Das ganze ist nicht nur eine optische Augenweide, sondern komplementiert die eigentlich simple Artischocke noch geschickt um diverse Texturen, Aromen und Temperaturen. Um der Kreation noch die nötige Wucht zu verleihen, benetzt der engagierte Executive Chef des „Le Comptoir Robuchon“ das filigrane Meisterwerk noch großzügig mit einem extrem hochkalorischem Mayonnaise-Dressing. Ein wahrlich köstlicher kleiner Crowdpleaser.
Gewiefte Beobachter können am Griff der edlen Porzellan-Cloche sicherlich schon erahnen was nun folgen wird.
Der Imperial Kaviar wird klassisch im Russian-Style mit Blinis, Crème fraîche, Schnittlauch und Zwiebel-Brunoise serviert. Was braucht man mehr zum Glücklich sein?
Es gibt noch immer Dinge, die man sich nicht einfach aus dem World Wide Web herunterladen kann. Wer in der Gastronomie auf internationalem Niveau arbeiten möchte, muss wissen, was aktuell in den kulinarischen Metropolen der Welt passiert. Deshalb müssen wir ständig auf Reisen gehen, um für Euch nach den neuesten kulinarischen Konzepten, Ideen und Rezepten zu fahnden. Nach jeder dieser mühseligen Expeditionen werden unzählige Dinge in den Etablissements der Mook Group verändert, gestrichen oder sogar völlig neu hinzugefügt. Unsere Restaurants sind ständig im Wandel und immer ein Spiegel unserer gemachten Erfahrungen. Die dazu nötigen Recherchen sind natürlich sehr aufwendig und kräftezehrend – manchmal aber dann doch nicht so mühselig wie es die Mook Community immer vermutet. Hier sehen wir übrigens die First Lady des Mook Culinary Research Teams beim Degustieren eines generös bestückten Kaviar-Blinis.
Auch ein gratinierter Hummer mit Pommes frites gehört zum frankophilen Repertoire des „Le Comptoir Robuchon“. Müßig zu erwähnen, dass auch dieses Gericht wieder perfekt handwerklich exekutiert wurde. Die größte Stärke im Le Comptoir Robuchon ist einfach, dass es keine Schwächen gibt.
Mit Ausnahme vom Mac´n Cheese stehen Nudeln bekanntlich nur extrem selten auf dem Speiseplan der Mook Redaktion. Im „Le Comptoire Robuchon“ haben wir uns aber einmal an diese exotische Delikatesse herangewagt. Die Kreation ist sicherlich exzellent, allerdings erlauben wir uns als völlige Pasta-Laien kein kompetentes Urteil abzugeben.
Der exzellente Räucherlachs wird auf krossen Rye-Crackern serviert. Zusätzlich sind die appetitlichen Canapés noch mit einer opulenten Nocke Crème fraîche dekoriert. Das unprätentiöse Appetithäppchen besticht vornehmlich durch schlichte Eleganz und exzellente Produktqualität. Eine ähnliche Philosophie verfolgen wir übrigens auch im KRAZY KRAKEN. Auch hier verzichten wir konsequent auf inflationäres Tellerorigami und ordinäre Effekthascherei zugunsten hochwertiger Produkte.
Die Lammkoteletts im „Le Comptoir Robuchon“ sind natürlich von exquisiter Provenienz und handwerklich tadellos exekutiert. Allerdings vermutet die Mook Reaktion, dass es sicherlich einige Mook Group Fans geben könnte, die die legendären Robata-Lamb-Chops im ZENZAKAN bei einer Blindverkostung bevorzugen würden.
Natürlich darf bei keinem Robuchon-Besuch eine Portion Kartoffelpüree fehlen. Immerhin gilt die geniale Beilage als das berühmteste Signature-Item des legendären Chef-of-the-Century. Joël Robuchon hat das sagenumwobene Rezept in seinem 2008 erschienen Opus Magnum „The Complete Robuchon“ erstmalig mit der breiten Öffentlichkeit geteilt. Wir sind somit in der Lage, Euch das sagenumwobene Kultrezept zu verraten: 2 Liter Wasser mit 20 g groben Meersalz zum Kochen bringen. 1 Kilo La Ratte Kartoffeln hinzufügen und kochen, bis sich ein scharfes Messer wieder leicht aus der Kartoffel ziehen lässt. Wasser abgießen und die Kartoffeln sorgfältig abpellen. Die Kartoffeln anschließend durch eine Flotte Lotte passieren und in den Topf zurückgeben. Danach die Hitze auf niedrig schalten und 250g kalte Butter in kleinen Tranchen vorsichtig einrühren. Ein Viertelliter heiße Vollmilch in einem dünnen Strahl langsam unter das Püree rühren bis die komplette Milch absorbiert ist. Danach das Püree nur noch nach Belieben mit Salz und Pfeffer würzen. Voila, schon ist das beste Kartoffelpüree der Welt fertig – zumindest theoretisch.
Auch Desserts gehören zum Repertoire des „Le Comptoir Robuchon“.
Nach den Desserts verwöhnt uns Mister Page noch mit einer Reihe köstlicher kleiner Petits Fours.
Hier konnten wir noch einen sehr aufschlussreichen Blick hinter den Tresen des „Le Comptoir Robuchon“ für Euch erhaschen.
Zum Schluss haben wir noch ein ganz spezielles kleines Bonmot für Euch. Wie gastronomisch interessierte Aficionados sicherlich mitbekommen haben, hat das klassische Ateliers Joël Robuchon im quirligem Londoner Stadtteil Soho leider kürzlich für immer seine Pforten geschlossen. Glücklicherweise ist es der Mook Redaktion gelungen, einige der letzten begehrten Tresenplätze zu ergattern. Hier ein paar unkommentierte Impressionen unserer letzen Farewell-Counter-Session.
Fin