London gilt unter Experten schon lange als das Silicon Valley der globalen Hospitality-Branche. Praktisch im Wochentakt eröffnet eine visionäre Venue nach der anderen ihre Pforten. Mondänes Epizentrum dieser erstaunlichen Entwicklung ist zweifelsohne der Berkeley Square im glamourösen Mayfair. Rund um den legendären Platz hat sich in den letzten Jahren ein gastronomisches Supercluster von geradezu epischen Dimensionen gebildet. Ohne jeden Zweifel wird hier in einem Radius von nur wenigen hundert Metern der höchste gastronomische Umsatz der gesamten Welt generiert. Dementsprechend beindruckend liest sich das faszinierende gastronomische Line-Up. Neben vielen bekannten Upscale-Multiples wie Hakkasan, Petite Maison, Novikov und Cipriani haben auch diverse erstaunliche Next-Level-Konzepte ihre Stellung rund um das gastronomische Powerhouse bezogen. Darunter auch einige echte internationale Game-Changer, wie beispielsweise das Sexy Fish, Park Chinoise, Annabells oder das Amazonico. Der neueste Player am Berkeley-Square-Hub ist die zauberhafte Chinoiserie-Chic-Venue Mimi Mei Fair.
Das Mimi Mei Fair erstreckt sich über drei Etagen und sechs Räume. Dabei ist jeder Raum sehr individuell gestaltet. Laut Samyukta Nair, der Inhaberin des Mimi Mei Fair, wurden die unterschiedlichen Räume von verschiedenen chinesischen Orten, Emotionen und Epochen inspiriert. Dabei reicht das Spektrum vom burlesken Glamour der wilden Roaring-Twenties in Shanghai bis zur detachierten Yin-und-Yang-Ästhetik der Verbotenen Stadt.
Samyukta Nair, die Besitzerin des Mimi Mei Fair, ist die Enkelin des legendären Leela-Hotel-Gründers Captain Chittarath Poovakkatt Krishnan Nair und gehört damit natürlich zur absoluten indischen Uppercrust. Die extrem smarte und attraktive Power-Lady ist auch der weibliche Mastermind hinter den beiden großartigen Top-Notch-Indern Bombay Bustle und Jamavar. Die Mookular-Berichte über beide Restaurants sind übrigens extrem lesenswert und finden sich wie immer problemlos über die Suchleiste unseres Mook-Magazin-Blogs…
Für das umwerfende Shanghai-Glam-meets-Wes-Anderson-Design sind die in London ansässigen Fabled Studios verantwortlich. Die grandiose Designschmiede hat in den letzten Jahren wahrlich abgeliefert und wird mittlerweile von Experten in einem Atemzug mit Martin Brudnizki und den wieder erstarkten David Collins Studios genannt. Zu ihrem wahrlich epischen Œuvre gehören so grandiose One-of-a-kind-Locations wie das Aqua Shard, Dinner by Heston Blumenthal, The Hind`s Head, Noble Rot und natürlich das Bombay Bustle und das Jamavar!
Hier sehen wir die zauberhafte kleine Bar im ersten Stock des Mimi Mei Fair. Schon das winzige Watering-Hole zeigt perfekt, dass die Fabled Studios die burlesken Shanghai-Vibes der wilden 20er Jahre nicht nur verstanden haben, sondern sie auch perfekt in das London des 21. Jahrhundert transkribieren können.
Als Küchenchef für das Mimi Mei Fair konnte Samyukta Nair Meister Peter Ho gewinnen. Der chinesische Maître de Cuisine hat nicht nur jahrelang im besternten Lei Garden in Singapur gearbeitet, sondern auch im HKK, der chinesischen Ultra-High-End-Formel der HAKKASAN Group. Unten sehen wir übrigens die First Lady des Mook Culinary Research Teams beim kritischen Studium der Mimi Mei Fair Speisekarte.
Ein paar Wasbai Prawns dürfen natürlich nicht fehlen. Die kleinen Shrimps werden hübsch in einem Kroepoek-Körbchen serviert. Ein leckere kleine Ouvertüre.
China besteht aus 23 Provinzen mit teilweise sehr unterschiedlichen Regionalküchen. Die pikante Chuan-Küche aus Sichuan verwendet beispielsweise gerne Frühlingszwiebeln, Ingwer und reichlich Chili. Die uigurische Xinjian-Küche serviert neben ihren berühmten Fleischspießen auch gerne Bratkartoffeln und arabisch anmutende Fladenbrote. Die Fujian-Küche ist tendenziell etwas milder und daher eher kompatibel mit dem Gaumen christlich sozialisierter Langnasen. Die Shanghai-Küche ist berühmt für ihre phantastischen Fisch- und Meeresfrüchtekreationen. Die kantonesische Yue-Küche ist hingegen bekannt für die Verwendung außergewöhnlich anmutender Zutaten wie Insekten, Ameisenbären und Affenlippen. In Kanton gelten auch Hunde durchaus als Delikatesse, der sogar eine positive medizinische Wirkung nachgesagt wird. Im konservativen Westen steht die köstliche Kantonküche allerdings eher für Dim Sums und Char Siu Schweinefleisch. Hier sehen wir übrigens das köstliche Char Siu Pork im Mimi Mei Fair.
Auch ein paar im üppigen Kadayif-Mantel frittierte Kaisergranaten finden sich auf der Speisekarte des Mimi Mei Fair. Speziell Fans opulenter Teigummantelungen werden an dieser Delikatesse ihre Freude haben.
Kung Pao Chicken gehört zu unseren absoluten All-Time-Favorites. Allerdings verfeinert Meister Ho den Klassiker äußerst großzügig mit Sezchuan-Pfeffer-Kapseln. Die kleinen Biester wirken exzellent als lokales Anästhetikum und lähmen den kompletten Gaumen für einige quälend lange Minuten. Wer also das betäubende Mundgefühl bei einer meditativen Wurzelbehandlung liebt, wird auch seine Freude beim Verzehr des Mimi-Mei-Fair-Kung-Pao-Chicken haben. Unseren ersten Kontakt mit dieser faszinierenden Delikatesse hatten wir übrigens beim Drei-Sterne-Koch Juan Amador in Langen. Wahrscheinlich werden sich an dieser Stelle noch viele hessische Gourmets ebenfalls lebhaft an den erstaunlichen Effekt des amadorschen „Reset-Buttons“ erinnern.
Bei der Pekingente wird viel Wert auf die knusprige Haut gelegt. Um die wertvolle Epidermis nicht zu verletzen, werden deshalb die Innereien durch einen kleinen Schnitt unterhalb des Flügels kunstvoll extrahiert. Durch einen weiteren winzigen Schnitt am Hals wird dann, mittels einer Luftpumpe, die Ente wie ein Ballon aufgeblasen. Bei dieser Prozedur trennt sich die Haut vom Fleisch. Danach wird die Ente am Hals aufgehängt und mit kochendem Wasser überbrüht. Anschließend wird die Ente mit einer Mischung aus Honig, Malz, Gewürzen und Zucker mariniert und an einem gut belüfteten Ort zum Trocknen aufgehängt. Aber nicht nur die Zubereitung einer Pekingente ist ein extrem aufwendiger Prozess, sondern auch deren Verzehr. In traditionellen chinesischen Entenrestaurants wird die Ente teilweise in bis zu vierzig Gängen serviert. Besonders beliebt bei den Chinesen sind neben der Haut auch die Innereien, Entenfüße, halbierte Entenköpfe und natürlich die köstlichen Entenzungen.
In Deutschland essen Gäste eine Peking-Ente vornehmlich wegen der krossen Haut und dem saftigen Fleisch. In China hingegen gilt der Entenzungen-Gang als Highlight des gesamten Enten-Menüs. Da allerdings jede Ente nur eine kleine Zunge hat, sind Entenzungen in China ein sehr exklusives und teures Luxusprodukt. In Deutschland hingegen sind Entenzungen bekanntlich nicht sehr beliebt. Deshalb exportieren deutsche Entenzüchter gerne ihre überzähligen Entenzungen nach China.
Wir haben auf unseren Foodpeditions schon unzählige Enten für Euch degustieren dürfen, einschließlich der legendären Momofuku-Ente von David Chang. Hierbei appliziert der Meister subkutan ein fein gekuttertes Schweinebrät unter die rösche Haut der Ente und kreiert damit eine geradezu obszöne kulinarische Chimäre aus Pekingente und Wurst. Im Mimi Mei Fair kredenzt der Meister Ho die Ente allerdings sehr traditionell und serviert sie standesgemäß mit den üblichen Verdächtigen.
Unter der appetitlich bronzierten Epidermis der Mimi-Mei-Fair-Ente befindet sich eine recht großzügige Liposomschicht. Offensichtlich haben es die Mimi-Mei-Fair-Gäste gerne etwas opulenter. Wie verfolgen bei unserer knusprigen Pippa-Duck im ZENZAKAN allerdings eine komplett diametrale Philosophie. Wir schmelzen im Ofen die gesamte Fettschicht ab, bis nur noch eine rösche und papierdünne Knusperhaut übrig bleibt. Aus Erfahrung wissen wir nämlich, dass deutsche Gäste ihre Enten lieber etwas weniger hochkalorisch verzehren.
Zum Vergleich haben wir Euch einmal ein Bild unserer Pipa-Duck im ZENZAKAN angehängt. Bei einer sogenannten Pipa-Duck geht es vornehmlich um die Reduktion auf die Quintessenz einer Peking Duck. Es dreht sich also primär um rösche Haut, saftiges Fleisch, Pancakes, Gurken, Lauch und süffige Hoi-Sin-Sauce. Auf das Servieren von gespaltenen Entenköpfen, Innereien und Entenfüßen wird dagegen komplett verzichtet. Deshalb servieren wir unser Pipa-Duck im ZENZAKAN auch nur in einem einzigen Gang. Der bizarre Name stammt übrigens vom chinesische Zupfinstrument Pipa ab. Pipa Ducks werden, um schneller zu trocknen, nämlich gerne im Spatchcock-Stil aufgeklappt und erinnern so optisch entfernt an die in Asien sehr beliebte Schalenhalslaute.
Das Mimi Mei Fair ist nicht nur ein zivilisierter Hort der kulinarischen Erbauung , sondern auch ein perfektes Refugium, um bei einem Glas Absinth über die grüne Fee, gespaltene Entenköpfe und den daoistischen Dualismus zu sinnieren. Ein Ort, der sich dafür besonders anbietet, ist die kleine, aber charmante Art-Deco-Bar im Untergeschoss des Mimi Mei Fair. Wir empfehlen deshalb, den Abend hier ausklingen zu lassen.
FIN