Zikaden, die ihr zirpendes Konzert veranstalten, das betörende Odeur von Lavendel in der Luft und ein unglaubliches Licht, das schon die Fauvisten André Derain und Henri Matisse zum Schwärmen brachte. Bereits beim Lesen dieser kurzen Zeile muss man unweigerlich an die Côte d’Azur denken, den magischen Küstenabschnitt im Süden Frankreichs. Auch möchte man sofort wieder seine entblößten Füße wohlig in den warmen Sand der sanft geschwungenen Bucht von Pampelonne tauchen, an einem Glas eiskaltem Domaines Ott nippen und am glitzernden Horizont die schneeweißen Luxusyachten beobachten, die majestätisch ihren schaumigen Schweif in den azurblauen Ozean malen. Nun hat im mondänen Londoner Szeneviertel Mayfair das zauberhafte Riviera eröffnet, ein Restaurant, das genau diesen mediterranen Zauber für seine Gäste beschwören will. Hinter dem ehrgeizigen Projekt stehen die beiden charmanten Gastronomie-Zwillinge Alberto und Arian Zandi. Die beiden Kreativköpfe haben mit ihren erfolgreichen Konzepten El Norte, Zuaya und Como Garden schon sehr eindrucksvoll bewiesen, dass sie etwas von stylischer Szenegastronomie verstehen. Als wir dann noch hörten, dass sie für ihr neues Projekt die in Barcelona ansässigen Lázaro Rosa-Violan Studios als federführende Interior-Designer gewinnen konnten, war natürlich sofort klar, dass wir die neue Location sofort für Euch unter das gestrenge Mookular nehmen mussten.
Das neue Riviera befindet sich in den ehemaligen Räumlichkeiten des bedauerlicherweise geschlossenen „Sake No Hana“. Man muss also wie früher entweder den Aufzug oder die Rolltreppen nehmen, um in das imposante Refektorium im ersten Stock zu gelangen. Wir waren große Fans der großartigen Neo-Izakaya-Formel „Sake No Hana“. Deshalb betreten wir die neue Location der Zandi-Brüder natürlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Das Erste, was beim Betreten der neuen Venue der Zandi-Brüder ins Auge sticht, sind die riesigen Panoramascheiben zur mondänen Flaniermeile St. James Street. Speziell in den Abendstunden sind die schummrig illuminierten Fassaden der St. James Street ein beeindruckender Anblick. Eine wirklich gute Entscheidung, diesmal auf Jalousien wie im Sake No Hana zu verzichten. Der ganze Raum wirkt so wesentlich dramatischer.
Die für den Ausbau verantwortlichen Lázaro Rosa-Violan Studios haben nicht nur die Kubatur des Raumes hervorragend gelesen, sondern auch äußerst geschickt verstanden, das nostalgische Flair der Côte d’Azur ins quirlige Mayfair von heute zu übertragen. Das exklusiv arrangierte Feel-Good-Ambiente überzeugt dabei mit erdigen Farben, hochwertigen Materialien, perfekter Lichtarchitektur und vielen liebevollen French-Retro-Zitaten. Insgesamt sieht die Kulisse so aus, als wäre sie von der legendären Kunst- und Möbel-Galerie „L’Atelier 55“ kuratiert worden. Wir jedenfalls fühlen uns sofort pudelwohl in dieser französisch inspirierten Wohlfühloase.
Das Riviera ist natürlich nicht der Club 55, Byblos Beach, Jardin Tropezina oder Moorea Beach, aber ganz sicherlich das, was in London am nächsten daran kommt. Auch ist das Riviera mit seiner leichten mediterranen Comfort-Cuisine und seinem freundlich-hellen Laissez-faire-Ambiente der erste ernstzunehmende Mitbewerber für das legendäre LPM – the Restaurant formerly known as La Petite Maison.
Die Lázaro Rosa-Violan Studios haben sauber recherchiert, klug arrangiert und exzellent exekutiert. Das Riviera ist wirklich ein frankophiles Habitat ganz nach dem Gusto der Mook-Redaktion. Das erstaunliche Designstudio haben wir übrigens schon auf dem Radar, seitdem sie mit dem Amazonico am Londoner Berkeley Square eine Hyper-Location abgeliefert haben, die selbst die verwöhnte Londoner High-Society in euphorische Ekstase versetzt hat. Wir haben übrigens schon einmal das Original Amazonico in Madrid für Euch unter das strenge Mookular genommen. Wer also mehr über das erstaunliche Over-the-Top-Multiple erfahren möchte, findet unseren Bericht wie immer problemlos über die Suchleiste unseres Mook-Magazin-Blogs.
Hier sehen wir die imposante Show-Küche im Riviera. Die Profis unter Euch haben sicherlich sofort bemerkt, dass es sich beim Grill auf der rechten Seite um einen echten Harrison “ICON” Charcoal-Oven handelt. Auf den legendären High-End-Holzkohle-Grill vertrauen mittlerweile auch kulinarische Superstars wie Jason Atherton, Yotam Ottolenghi und Neil Rankin.
Als ersten Gang serviert uns das Riviera einen mit Ratatouille und Feta-Käse gefüllten Brioche-Toast. Eine wahrlich fabelhafte Idee, weil die subtile Süße des Brioche-Teigs die markante Säure des Ratatouille-Gemüses perfekt ausbalanciert. Die Zandi-Brüder haben offensichtlich verstanden, wie mediterrane Feel-Good-Cuisine 2.0 funktioniert. Wir finden die Kreation übrigens so exzellent, dass wir ernsthaft darüber nachdenken, die Idee aufzugreifen. Was meint Ihr, sollen wir im Mon Amie Maxi demnächst einen „Ratatouille-Hot-Dog“ auf die Karte nehmen? Schreibt uns einfach Eure Meinung an info@mook-group.de.
Hier sehen wir einen köstlichen Turbot Meunière à la Riviera. Der saftige Steinbutt wird mit reichlich Kapern, grünen Bohnen und einer sehr harmonisch ausbalancierten Zitronen-Butter-Sauce serviert. Das Gericht überzeugt nicht nur mit präzisen Garzeiten, exzellenter Produktqualität und perfekt korrespondierenden Beilagen, sondern auch mit einem fast unglaublichen Kampfpreis von umgerechnet nur knapp 50 Euro. Damit ist der Turbot à la Meunière im Riviera nicht teurer als unser Steinbutt im Mon amie Maxi mit Kapern-Butter-Sauce, Le Puy Linsen und Pommes Maxime!
Als zweiten Hauptgang entscheiden wir uns für die Côtelettes d’agneau grillées aux Lentilles du Puy. Die Koteletts sind qualitativ tadellos und die adstringierenden Le-Puy-Linsen flankieren das kräftige Lammfleisch aromatisch geradezu perfekt. Für unseren Geschmack sind die Koteletts allerdings etwas zu „durch“. Nun wissen wir leider aus eigener schmerzlicher Erfahrung, dass viel Gäste komplett durchgegartes Lammfleisch bevorzugen. Vielleicht hätten wir bei der Bestellung darauf hinweisen müssen, dass wir unser Fleisch eher „à point“ gegrillt bevorzugen. Bei unserem nächsten Besuch wird uns dieser Fauxpas sicherlich nicht mehr unterlaufen.
FIN