Obwohl in der Schweiz die Steuerlast dramatisch geringer ausfällt, die Bürokratiekosten deutlich überschaubarer sind, die Energiepreise signifikant unter dem deutschen Niveau liegen und der durchschnittliche Schweizer weit mehr als doppelt so viel Nettovermögen besitzt wie ein angeblich reicher Deutscher, kämpft auch die wirklich reiche Schweiz mit einem flächendeckenden Restaurantsterben.
In diesem Zusammenhang hat der Schweizer Fernsehsender SRF analysiert, warum das so ist, und vorgerechnet, dass bei einem Restaurant von 100 Franken Umsatz rund 45 Franken in die Löhne der Mitarbeiter fließen, etwa 30 Franken auf die Warenkosten entfallen, weitere 10 Franken auf die Miete und nochmals 13 Franken auf Steuern und Unterhalt. Somit bleibt einem durchschnittlichen Schweizer Wirt am Ende nur ein bescheidener Gewinn von ein bis maximal zwei Franken. Und das auch nur, wenn alles zu hundert Prozent glattläuft und keine unerwarteten Sonderkosten anfallen.
Es ist schon sehr erschreckend, dass selbst einem privilegierten Schweizer Wirt in einem Best-Case-Szenario nur ein winziger und extrem fragiler Gewinn übrigbleibt. Außerdem fragt man sich natürlich unweigerlich, wie es deutsche Wirte schaffen, in einem komplett überregulierten und maximal gastronomiefeindlichen Hochsteuerland wie Deutschland überhaupt noch über die Runden zu kommen. Wir haben uns deshalb entschlossen, einfach mal etwas genauer hinzuschauen.
Handwerklich seriös arbeitende Wirte haben in Deutschland eine grundsätzlich ähnliche Kostenstruktur wie ihre Schweizer Kollegen. Mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass sie es zusätzlich nicht nur mit überproportional hohen Energiekosten zu tun haben, sondern auch mit völlig anderen steuerlichen Herausforderungen. Während ihre Schweizer Kollegen auf alle Speisen und Getränke lediglich 8,1 Prozent Mehrwertsteuer abführen müssen, verlangt der deutsche Fiskus auf sämtliche Speisen und Getränke mindestens satte 19 Prozent. Das bedeutet konkret, dass bei jedem einzelnen Euro Umsatz ein um mehr als 135 Prozent höherer Anteil an den Staat abgeführt werden muss. Eine Differenz, die sich natürlich brutal in der Liquidität bemerkbar macht.
Wer sich übrigens gerade gewundert hat, warum wir eben von mindestens 19 Prozent Mehrwertsteuer gesprochen haben, dem sei gesagt, dass deutsche Wirte beispielsweise auch noch das zweifelhafte Privileg haben, weltweit als Einzige für jede einzelne Flasche Sekt, Crémant, Prosecco oder Champagner zusätzlich zur im internationalen Vergleich ohnehin schon grotesk hohen Mehrwertsteuer auch noch eine komplett absurde Schaumweinsteuer „on top” an den schier unersättlichen deutschen Fiskus zu zahlen.
Leider ist das aber erst die Spitze des fiskalischen Eisbergs. Während der deutsche Staat zusätzlich zur Körperschaftsteuer auch noch eine gewinnabhängige Gewerbesteuer erhebt, die in der Regel nochmals rund 14 Prozent verschlingt, existiert in der Schweiz eine solche kommunale Zusatzabgabe überhaupt nicht. In der steuerpolitischen Realität bedeutet das, dass deutsche Gastronomen je nach Rechtsform oft rund 30 Prozent ihres ohnehin schon extrem mageren Gewinns an Bund, Länder und Gemeinden abtreten müssen. Ihre Schweizer Kollegen hingegen kommen im Schnitt mit einer Gewinnbesteuerung von nur rund 15 Prozent davon. Die Hälfte. Oder besser gesagt: doppelt so viel verbleibender Reingewinn bei identischer operativer Leistung.
Und als wäre all das nicht schon bizarr genug, liegen auch die Lohnnebenkosten in Deutschland meilenweit über dem Schweizer Niveau. Während ein deutscher Gastronom für jeden gezahlten Euro Bruttolohn rund 21 Cent an Sozialabgaben obendrauf kalkulieren muss, kommt ein Schweizer Gastronom je nach Kanton mit rund 12 bis 15 Cent aus. In einem arbeitsintensiven Sektor wie der ethisch arbeitenden Speisegastronomie, in dem oft um die 45 Prozent des Umsatzes in Löhne fließen, entwickelt sich dieser Unterschied zu einem geradezu ruinösen Wettbewerbsnachteil.
Besonders perfide ist zudem die in Deutschland völlig aus dem Ruder gelaufene Bürokratie, die Betriebe Tag für Tag mit einem endlosen Dschungel aus Vorschriften, Formularen und Dokumentationspflichten erdrosselt. Während der Schweizer Staat seinem Gastgewerbe zumindest hier weitgehend mit Vertrauen begegnet und auf unnötige Reglementierung verzichtet, scheint der deutsche Staat fest davon überzeugt zu sein, dass man kulinarische Qualität und steuerliche Rechtschaffenheit am besten mit permanentem Misstrauen, schikanösen Berichtspflichten und paternalistischer Überwachung gesetzlich erzwingen muss. Ein regulatorischer Albtraum, der vielen Unternehmern nicht nur Zeit und Nerven raubt, sondern auch sehr viel Geld.
Rechnet man alle Kosten und fiskalischen Herausforderungen nüchtern zusammen, ergibt sich daraus ein betriebswirtschaftliches Trauerspiel von geradezu kafkaesken Dimensionen. Während die Schweizer Kollegen unter perfekten Idealbedingungen zumindest einen symbolischen Gewinn erzielen können und sich somit das ehrhafte Selbstgefühl bewahren, zumindest nicht völlig umsonst zu arbeiten, oszilliert ein seriös arbeitender deutscher Wirt kontinuierlich auf einem schmalen Grat zwischen selbstzerstörerischer Selbstausbeutung und hochriskanter Insolvenzverschleppung. Und falls wider aller Erwartungen und stochastischer Wahrscheinlichkeiten am Ende doch ein winziger Gewinn übrigbleiben sollte, steht das deutsche Finanzamt schon wieder vor der Tür und verlangt auch noch von diesem letzten Tropfen die allseits beliebte Quellensteuer.
Um all diese Informationen noch besser kontextualisieren zu können, sollte man als teutonisch sozialisierter Sparfuchs vielleicht noch wissen, dass ein Schnitzel in der berühmten Zürcher Kronenhalle mittlerweile umgerechnet über 60 Euro kostet.
Wer an dieser Stelle übrigens glaubt, dass die für das Jahr 2026 avisierte Mehrwertsteuersenkung auf Speisen den deutschen Wirten eine signifikante finanzielle Entlastung bringt, irrt sich gewaltig. Die vollkommen unabhängige Mindestlohnkommission ist nämlich unter dem politischen Druck der SPD eingeknickt und hat beschlossen, der Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro praktisch nachzukommen, indem sie diesen nun in zwei Schritten auf 14,60 Euro anhebt und damit fast das geforderte Niveau erreicht.
In diesem Kontext haben wir ja bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Verquickung von Mehrwertsteuersenkung auf Speisen und die massive Anhebung des Mindestlohns die klassische Mindestlohnbranche Gastronomie nicht wie politisch insinuiert finanziell entlastet, sondern im Gegenteil massiv belastet und den Mindestlohnbeschäftigten unterm Strich nicht einmal eine erwähnenswerte Kaufkrafterhöhung bringt, weil der Staat sich einen Löwenanteil der Lohnerhöhung über Steuern und Abgaben sofort wieder einverleibt und der verbleibende finanzielle Zugewinn durch die zwangsläufig explodierenden Lebenshaltungskosten aufgefressen wird.
Vor diesem bizarren Hintergrund haben wir schon einmal den Verdacht geäußert, dass es der SPD beim Mindestlohn überhaupt nicht darum geht, Geringverdiener finanziell besserzustellen, sondern lediglich darum, einen Milliardenschatz auf Kosten der Unternehmer zu heben.
Insgesamt dürfte damit klar sein, dass sich die ohnehin schon katastrophale Lage der hart gebeutelten Speisegastronomie in Deutschland im nächsten Jahr noch einmal dramatisch verschlimmern wird. Die Folge wird leider sein, dass sich die aktuelle Pleitewelle in einen regelrechten Pleitetsunami verwandeln wird. Ergo wird der Plan der SPD, einen Milliardenschatz auf Kosten der Gastronomen zu heben, langfristig scheitern und zugleich dem Kulturgut Speisegastronomie nachhaltig schaden und damit letztlich auch dem gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland.
Und alle, die unseren Newsletter schon länger verfolgen, wissen, dass unsere Prognosen bisher immer zu hundert Prozent eingetroffen sind.