Wie aufmerksame Mook-Magazin-Leser ja schon lange wissen, gehörte das legendäre Chutney Mary in Chelsea zu unseren absoluten Lieblingsindern. Nun hat das Chutney Mary nach 25 glorreichen Jahren seinen angestammten Platz in der Kings Road verlassen, um in das edle Londoner West End zu ziehen. Mit dem Umzug in die aristokratische St James’s Street ist natürlich auch der Anspruch gestiegen. Das Chutney Mary möchte nun endgültig in der kulinarischen Oberliga mitspielen.
Die Location dürfte sicherlich vielen unter Euch bekannt vorkommen. Bis vor Kurzem residierte hier nämlich noch Marco Pierre White mit seinem legendären Wheeler’s of St James. Mittlerweile hat das kulinarische Enfant terrible allerdings eine neue Venue für sein sagenumwobenes Restaurant gefunden. Ein ausführlicher Bericht über das neue Wheeler’s wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.
Wie im Ivory Club wacht vor dem Eingang des Chutney Mary ein eleganter Doorman, der den ankommenden Gästen nonchalant die Pforte öffnet. Im Gegensatz zum Ivory Club bietet das Chutney Mary allerdings keinen Valet-Service, dafür trägt der charmante Empfang aber einen typisch indischen Dastar-Turban.
Das alte Chutney Mary hatte eine wunderbare nostalgische Patina und lebte vornehmlich durch seine entzückend verschachtelte Kleinteiligkeit. Allerdings weiß auch der großzügige Speisesaal im neuen Chutney Mary zu gefallen. Die Betreiber Ranjit Mathrani und seine Frau Namita Panjabi haben es dabei bewusst vermieden, dem Restaurant einen folkloristischen Look zu verleihen. Stattdessen setzt das Betreiberpaar auf einen sehr luxuriösen und zeitgenössischen Komfort. Alles wirkt sehr opulent und elegant. Das Lichtsystem ist klug arrangiert und vermittelt ein Gefühl von angenehmer Behaglichkeit. Die Formel scheint jedenfalls hervorragend anzukommen. Bei unserem Besuch platzte das neue Chutney Mary förmlich aus allen Nähten.
Als ein in jeder Facette vorbildlicher Gast sollte man vor dem Dinner natürlich immer mit einen kleinen Aperitif vorglühen. Das Chutney Mary verfügt für diesen Zweck über einen sehr angenehmen Loungebereich. An der Bar finden sich übrigens nicht nur die alkoholischen Klassiker, sondern auch viele exotische Eigenkreationen. Die Mook Redaktion kann beispielsweise guten Gewissens einen Rangpur Gimlet oder einen Mango Mojito empfehlen.
Das filigrane Tokri-Chaat-Körbchen ist gefüllt mit knusprig gebackenen Spinatblättern, Raita, Granatapfelkernen und Tamarind-Sauce. Ein Gericht, das vielen von Euch sicherlich sehr bekannt vorkommt. Und in der Tat, der köstliche Klassiker ist geschmacklich praktisch identisch mit dem legendären Pakora-Spinat im Ivory Club. Lediglich bei der Präsentation verfolgt das Chutney Mary eine etwas andere Philosophie. Wir müssen wirklich neidlos zugeben: Das fragile Potato-Basket ist wirklich eine fabelhafte Idee. Vielleicht überdenken auch wir noch einmal unsere Anrichteweise.
Die gebackenen Shrimps sind von erlesener Qualität und werden hübsch in kleinen Gläsern angerichtet. Überhaupt bemüht sich das Chutney Mary um eine sehr gourmetesque Präsentation seiner Gerichte. Offensichtlich will man auch optisch seinen gestiegenen kulinarischen Anspruch manifestieren.
Die possierlichen Mini-Dosas werden im Chutney Mary mit einer furios gewürzten Wildfarce befüllt. Schon beim ersten Bissen entpuppen sich die konisch geformten Zylinder aus fermentiertem Urdbohnen-Teig als ein wahres Füllhorn der Aromatik.
Die köstlichen Chicken Drumsticks werden vom Maître im traditionellem Tandoori-Lehmofen herzhaft koloriert. Das Chutney Mary nutzt damit geschickt die stickstoffhaltigen Melanoidine der Maillard-Reaktion, um das köstliche Geflügel mit dem typisch herzhaften Tandoori-Grillgeschmack zu aromatisieren. Begleitet werden die delikaten Drumsticks von kandierten Mango-Fettuccine, die das Gericht noch um einen wundervoll exotischen Süße-Akkord bereichern.
Als Beilage zu herzhaften Currys darf ein zünftiges Naan-Bread natürlich nicht fehlen. Dass der Ivory Club das beste Naan Bread der Welt serviert, ist mittlerweile sicherlich allgemeiner Konsens. Das Naan-Bread im Chutney Mary ist allerdings auch nicht zu verachten.
Die Absichten des Chutney Marys scheinen offenkundig. Man möchte demnächst einen Michelin-Stern erringen. Die Redakteure des englischen Michelins sind der indischen Küche gegenüber wesentlich aufgeschlossener als ihre offensichtlich konservativer eingestellten Festlandkollegen. Nach unserer Zählung gibt es in London sogar aktuell sechs Sterne-Inder. Auch betreiben Ranjit Mathrani und seine Frau Namita Panjabi schon das sternedekorierte Amaya. Sie wissen also, wie man erfolgreich um die kulinarischen Lorbeeren kämpft. Das ambitionierte Vorhaben könnte also durchaus von Erfolg gekrönt werden. Die Mook Redaktion drückt dem Chutney Mary jedenfalls schon einmal ganz fest die Daumen. Hier noch ein letzter Blick in den stimmungsvoll illuminierten Speisesaal.