Spätestens seit das kulinarische Enfant Terrible David Chang die Weltpremiere des „Impossible Burger“ medienwirksam im legendären Momofuku Nishi inszenierte, ist das sagenumwobene Häm wirklich in aller Munde. Aber nicht nur Gourmet-Magazine, Food-Blogger und Vegetarier überschlagen sich aktuell vor Vorfreude, auch seriöse Wirtschaftsmagazine beschäftigen sich mittlerweile geradezu euphorisch mit dem vielversprechenden Alt-Meat-Produkt. Angeblich stehen die einschlägigen Venture-Capital-Gesellschaften bei Patrick Brown – dem CEO und Mastermind von Impossible-Foods – Schlange, um ihn mit Millionen an Risikokapital zu überschütten. Sogar der legendäre Microsoft-Gründer Bill Gates soll schon zugeschlagen haben. Nun haben in den USA die ersten Pilot-Restaurants tatsächlich angefangen, den fleischlosen Impossible Burger anzubieten. Natürlich musste sich die Mook Redaktion sofort auf den beschwerlichen Weg nach Amerika machen, um dort für Euch das neue bahnbrechende Alt-Meat-Produkt ausführlich unter das Mookular zu nehmen.
Selbstverständlich sollte unser Erstkontakt mit dem Impossible Burger standesgemäß im Premieren-Restaurant Momofuku Nishi stattfinden. Leider rief uns ein netter Momofuku-Mitarbeiter einen Tag vor unserer Reservierung an, um uns mitzuteilen, dass das Momofuku Nishi leider aktuell wegen einer dringenden Umbaumaßnahme kurzfristig geschlossen wurde. Glücklicherweise gehört aber auch Umami Burger in Manhattan neuerdings zum kleinen Kreis der exklusiven Impossible-Burger-Pilot-Outlets.
Der Hunger nach Fleisch wächst weltweit rapide. Laut einer Studie der Vereinten Nationen müsste deshalb die Fleisch-Produktion bis zum Jahr 2050 nahezu verdoppelt werden. Die Vorstellung, zukünftig eine echte Fleischalternative herzustellen, die tatsächlich ohne negative Umwelteffekte und grausame Qualmast auskommt, ist deshalb natürlich extrem verlockend. Leider sind bisher alle Versuche gescheitert, eine wirklich schmackhafte vegetarische Alternative herzustellen. Patrick Brown von Impossible Foods behauptet nun, dass sein neues Burger-Patty nicht von einer konventionellen Rindfleisch-Burger-Bulette zu unterscheiden ist. Das Geheimnis soll neben Textur, Optik und Geruch vor allem das sagenumwobene Häm sein. Das erstaunliche Fe-Protoporphyrin Häm ist ein essentieller Bestandteil vom Hämoglobin, dem eisenhaltigen Proteinkomplex, der in den roten Blutkörperchen von Wirbeltieren den Sauerstoff bindet und nebenbei auch noch für dessen rote Farbe sorgt. Angeblich ist Häm das hauptverantwortliche Element für den komplexen Umami-Taste von echtem Fleisch. Erstaunlicherweise findet sich das Häm-Protein auch in geringen Mengen in Sojawurzeln wieder. Die PR-Abteilung von Impossible Foods hat nun verkündet, dass es ihnen mit Hilfe eines geheimen Fermentationsprozesses gelungen ist, das Soja-Häm-Gen in Hefezellen einzuschleusen, um so effizienter große Mengen Häm-Proteine zu isolieren. Das so extrahierte Häm wird nun von Impossible Foods genutzt, um damit vegetarisches Burgerbrät mit einem authentischen Fleischgeschmack zu aromatisieren. Um dem geschulten Gaumen echtes Fleisch vorzugaukeln gehört aber mehr dazu, als nur realistischer Fleischgeschmack. Wie aufmerksame Mook-Beefology-Leser ja schon lange gelernt haben, ist „lecker“ vornehmlich auch das Erfüllen von autosuggestiven Erwartungshaltungen. Dementsprechend ist auch das Mundgefühl von einer geradezu entscheidenden Bedeutung. Um die Textur eines echten Fleischpatties zu imitieren, vermengt Impossible Foods deshalb elf Zutaten. Darunter sind Weizenproteine (die das Gefühl von Fleischfasern beim Essen erzeugen sollen), Kokosnussöl (für den richtigen Fettgehalt), Kartoffelproteine (für das Volumen) und Xanthangummi (für eine authentische Viskosität). Um die Illusion auch optisch perfekt zu machen, vermengen die Wissenschaftler von Impossible Foods das vegetarische Burgerbrät noch zusätzlich mit einem Saft aus Roten-Beeten. So soll der realistische Eindruck entstehen, dass das Burger-Patty unter physikalischer Druckbelastung tatsächlich bluten würde. Deshalb wird der Impossible Burger von der Presse auch gerne als „Bleeding Burger“ tituliert.
Umami Burger ist speziell für seinen krossen Signatur-Parmesan-Chip-Burger bekannt. Allerdings genießen auch die restlichen Burger einen durchaus soliden Ruf. Deshalb verwundet es nicht, dass auch der Impossible Burger im ersten Augenblick einen handwerklich recht ordentlichen Eindruck macht. Das wichtige Beef-Bun-Lettuce-Verhältnis scheint harmonisch ausbalanciert. Auch hat der gelblich schimmernde Cheddar-Käse das Alt-Meat-Patty in einen geradezu perfekten Kokon aus zart schmelzender „Gooeyness“ eingesponnen. Rein optisch fällt der Impossible Burger so durchaus in die Kategorie „Decent Burger“. Interessanterweise erinnert uns der Impossible Burger vom Burger-Bun, seine Proportionen und der gesamten Architektur geradezu frappierend an den legendären Heston-Blumenthal-Burger im Perfektionist Café.
Schon der erste Bissen zeigt, dass das Impossible-Burger-Patty nicht die unangenehme Textur eines gewöhnlichen Gemüsebratlings vorweist. Die authentische Viskosität der fleischlosen Burger-Bulette imitiert durchaus realistisch die Illusion von echtem Beef. Auch eine olfaktorische Überprüfung fördert keinerlei irritierende Assoziationen hervor. Im ersten Moment könnte man durchaus glauben, dass das Burgerbrät aus echtem Rindfleisch hergestellt wurde. Wobei man sagen muss, dass das Impossible-Burger-Patty von seinem gesamten Habitus eher einem konventionellen Burger-Patty bei Carls`s Jr oder Jack in the Box erinnert. Das Impossible-Burger-Patty ist somit sicherlich noch kein adäquates Substitut für einen Super-Premium-Patty wie beispielweise im grandiosem Spotted Pig. Nichtsdestotrotz sind wir vom Ergebnis eher positiv überrascht. Der Impossible Burger hat durchaus das Potential, im Massenmarkt seine Fans zu finden. Das Impossible-Burger-Patty macht speziell im Kontext zur pikanten Säure von Gewürzgurken, den frischen Akkorden von chlorophyllhaltigen Eisbergsalatblätter und den hochkalorischen Lipidmolekülen eines Cheddar-Käse durchaus eine gute Figur.
Das Impossible-Burger-Patty wird bei Umami Burger im klassischen Smash-Burger-Style auf einer Edelstahl-Plancha scharf angebraten. Das fleischlose Patty nimmt dabei eine recht authentische Farbe an. Wer das Impossible-Burger-Patty beispielsweise mit einem entsprechendem Smash-Burger-Patty von Shake Shack vergleicht, wird schnell feststellen, dass die Kolorierung praktisch identisch erscheint.
Hier sehen wir das Impossible-Burger-Patty noch einmal im Anschnitt. Einen wirklich blutenden roten Kern können wir allerdings nicht wirklich ausmachen. Wie man unschwer am Foto erkennt, zeigt sich im fleischlosen Nukleus bestenfalls ein leicht rosa changierender Schimmer. Vielleicht wurde das Alt-Meat-Patty ja einen Augenblick zu lange auf der Edelstahl-Plancha gebräunt? Laut Patrick Brown ist der Geruch nach eisenhaltigem Hämoglobin übrigens der alles entscheidende Trigger für alle Fleischfresser. Eine Theorie, die wir in den Mook-Beefologys ja auch schon einmal ausführlich diskutiert haben.
Wir denken, der Impossible-Burger kann sich mit seinen Attributen durchaus zu einem massenkompatiblen Produkt entwickeln. Wir dürfen gespannt sein, wann die ersten großen Burger-Ketten anfangen, den Impossible Burger in ihren Filialen zu featuren. Auch hat Impossible Foods angekündigt, dass sie demnächst noch weitere vegetarische Fleischalternativen auf den Markt bringen wollen. Patrick Brown hat sich übrigens fest vorgenommen, zukünftig das gesamte Hackfleisch der Welt durch Alt-Meat-Hackfleisch zu ersetzten. Er ist deshalb der unerschütterlichen Überzeugung, dass die Konsumenten in 50 Jahren nur noch Burger-Pattys aus seinen Alt-Meat-Laboren verzehren. Wer an seine ambitionierten Visionen glaubt, sollte sich deshalb zügig mit Impossible-Foods-Aktien eindecken. Allerdings schläft auch die Konkurrenz nicht. Aktuell arbeiten diverse Start-up-Labore fieberhaft daran, mit Hilfe des sogenannten Tissue-Engineerings echtes Fleisch in großen Mengen in der Petrischale zu züchten. Der bekannte PETA-Progress-Award-Gewinner, Bestseller-Autor und Philosoph Richard David Precht ist übrigens der Meinung, dass hier die Zukunft der fleischlichen Massenversorgung liegt.