Laut dem renommierten FORBES Magazin gehören Hauser & Wirth neben Gagosian, Thaddaeus Ropac, PACE und David Zwirner zu den weltweit einflussreichsten und renommiertesten Galerien der Welt. Als Hauser & Wirth kürzlich verkündete, demnächst ein Restaurant in der mondänen Londoner Mount Street zu eröffnen, hat das kulinarisch interessierte Artheads natürlich ähnlich elektrisiert wie hedonistisch veranlagte Nihilisten die Nachricht, dass Bret Easton Ellis nach langen dreizehn Jahren endlich wieder einen echten Roman veröffentlicht. Mittlerweile ist nicht nur Bret Easton Ellis neuestes literarisches Opus-Magnum „The Shards“ erschienen, sondern auch das sehnlich erwartete Mount St. Restaurant eröffnet. Damit war natürlich klar, dass die Mook Redaktion sofort nach London reisen musste, um für Euch die neue kulinarische Art-Venue ausführlich unter das gestrenge Mookular zu nehmen. Aber Achtung! Im Bericht werden einige durchaus frivole Themen gestreift. Gymnophobischen Calvinisten, schinanten Suffragetten und prüden Puritanern müssen wir deshalb dringend davon abraten, den nun folgenden Artikel zu inhalieren…
Wir sind pünktlich um 12:00 Uhr am Start und können so perfekt verfolgen, wie sich die poshe Mount-Street-Location peu à peu mit der kunstaffinen britischen High-Society füllt. Das Publikum besteht dabei aus einer faszinierenden Mischung aus distinguierten Artheads, coolen Sloane-Rangern, lässigen Ultra-high-net-worth-Individuals, stylischen Mayfair-Flaneuren und eleganten Bond-Street-Ladyies. Die Herren tragen bevorzugt eng geschnittene Anzüge von Paul Smith, Ozwald Boateng oder Thom Browne. Die Damen hüllen sich hingegen lieber in edles Tuch von Stella McCartney, duften dezent nach Penhaligon`s Empressa und tragen dazu auffällig oft klassische Birkin-Bags oder die neuen Infinity-Dot-Taschen aus der aktuellen Yayoi Kusama & Louis Vuitton Kollektion.
Die Wände im Treppenhaus und des gesamten Gastraums sind mit einer eklektischen Petersburger Hängung bestückt. Wohin das Auge auch schweift, überall entdeckt man erstaunliche Meisterwerke von Andy Warhol, Henri Matisse, Lucian Freud, Ferdinand Hodler und Fischli & Weiss. Die Sammlung ist so umfangreich, dass wir natürlich nur ein paar wenige Highlights verbal illuminieren können.
Im neuen Place-2-be muss man wirklich auf jedes Detail achten. Beispielsweise handelt es sich beim Boden im Mount St. Restaurant natürlich nicht um einen profanen Boden, sondern selbstverständlich um ein begehbares Kunstwerk. Das fragmentierte Meisterwerk „Broken Floor“ stammt von Rashid Johnson und ist inspiriert von seiner umjubelten Mosaik-Gemälde-Serie „Broken Man“. Wer mehr über Rashid Johnson und sein interdisziplinäres Œuvre erfahren will, sollte im Nachgang unbedingt die Webseite der Galerie Hauser & Wirth konsultieren.
Wie vielleicht schon einige kunstinteressierte Leser vermuten, stammt das funktionslose Ready-made-Waschbecken von Subodh Gubta, dem legendären indischen Objet-Trouvé-Künstler. Der in Neu-Delhi ansässige Tausendsassa zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern Indiens und gehört mittlerweile sogar in die elitäre Riege der zehn kommerziell erfolgreichsten Kunstschaffenden Asiens. Sein erstaunlich breit gefächertes Œuvre umfasst Skulpturen, Fotografie, Malerei, Perfomance und Videoinstallationen. In seinen Arbeiten greift Subodh Gupta aber besonders gerne auf typisch indische Klischees zurück, darunter auch die Verwendung von Tiffin-Edelstahlgeschirr. In diesem Kontext werden sich aufmerksame Mook-Magazin-Leser sicherlich noch lebhaft an den gigantischen Gupta-Skull vor dem wundervollen Song Qi in Monaco erinnern. Und falls nicht, findet man den Artikel natürlich wie immer problemlos über die Suchleiste des Mook-Magazin-Blogs…
Die gelb-schwarze Santa-Claus-Butt-Plug-Tapeten in den Toiletten des Mount St. Restaurants stammen von niemand geringerem als Paul McCarthy, dem kontrovers diskutierten amerikanische Bildhauer, Zeichner und Performance-Künstler.
Spätesten seit Paul McCarthy, das Enfant-terrible der internationalen Kunstwelt, seinen gigantischen grünen Anal-Dildo-Weihnachtsbaum anlässlich der Pariser Kunstmesse FIAC auf dem mondänen Vendôme-Platze enthüllte, dürfte sein provokantes Œuvre auch einem breiteren Laienpublikum bekannt sein.
Wie man unschwer erkennt, haben die aus massivem Sterlingsilber gefertigten Salz- und Pfefferstreuer die Form von handelsüblichen Butt-Plugs. Und natürlich stammen auch diese frivolen Kunstwerke wieder aus dem Atelier von Paul McCarthy. In Deutschland wäre es übrigens unmöglich, mit solchen kostbaren Ménagen zu arbeiten, weil hierzulande leider viel zu viele Gäste glauben, dass sie mit ihrer Rechnung auch das gesamte bewegliche Inventar des Restaurants mit erworben haben. In unseren Restaurants verschwinden beispielsweise jedes Jahr auf mysteriöse Art und Weise viele hunderte Steakmesser.
Die erstaunlichen Tischlämpchen sind natürlich eine offensichtliche Hommage an die berühmte Puderdose der sagenumwobenen Avantgardekünstlerin Sophie Taeuber-Arp. Die gebürtige Schweizerin war nicht nur eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts, sondern auch gemeinsam mit ihrem Mann die treibende Kraft hinter der legendären Künstlerbewegung Dada. Sophie Taeuber-Arp, die legendäre Dadaismus-Ikone, war extrem multitalentiert und in den Bereichen Malerei, Textilien, Tanz, Design und Architektur tätig. Nur gut, dass das Mount St. Restaurant wirklich der perfekte Ort ist, um über ihr unglaublich facettenreiches Œuvre ausführlich zu fachsimpeln.
Das große fotorealistische Vanitas-Gemälde „Stillleben mit Kohlenhydraten“ stammt vom britischen Turner-Preisträger und Art-Machine-Erfinder Keith Tyson und ist unverkennbar eine Hommage an die großen niederländischen Meister des 16. Jahrhunderts. Auch Keith Tyson wird natürlich von Hauser & Wirth vertreten. Wer also gerade den unbändigen Wunsch verspürt, sich auch ein paar „Kohlenhydrate“ an die Wand neben seinen Eames Lounge Chair zu hängen, sollte sich sofort vertrauensvoll an Hauser & Wirth wenden.
Als ersten Gang serviert uns das Mount St. Restaurant luftig gezupftes Portland-Crab-Meat mit einem Romana-Salat-Herz und einer sehr intensiven Krabben-Mayonnaise. Insgesamt eine sehr gelungene kulinarische Ouvertüre.
Auch der hübsch arrangierte Cotswolds Chicken Salad kann durch exzellente Zutaten, perfekte Garzeiten und ein grandios ausbalanciertes Dressing überzeugen. Insgesamt ein handwerklich perfekt exekutierter Salat. Die Mook Redaktion ist ernsthaft begeistert und vergibt hier gerne 10 von 10 möglichen Mookpoints.
Als nächstes Highlight kredenzt uns das Mount St. Restaurant ein Omelett Arnold Bennett. Die klassisch britische Eierspeise ist selbstverständlich nach dem gleichnamigen Schriftsteller und Essayisten Arnold Bennett benannt. Das Gericht besteht aus einer opulenten Mischung aus geräuchertem Haddock (Schellfisch), Eiern, Sahne und Käse, die in einer Pfanne gebraten und dann im Ofen überbacken werden. Die Zubereitung des Omeletts ist relativ einfach, erfordert jedoch etwas Aufmerksamkeit. Zunächst wird der geräucherte Haddock in Milch gekocht. Danach werden die Eier mit Sahne und geriebenem Käse verquirlt und mit dem Haddock vermischt. Die Mischung wird in eine Pfanne gegeben und auf der Herdplatte gebraten, bis sie gestockt ist. Anschließend wird das Omelett im Ofen bei hoher Hitze goldbraun überbacken. Das Omelett Arnold Bennett wurde erstmals im Jahr 1930 im berühmten Savoy Hotel in London serviert und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Auch der gesamten Mook Redaktion mundet der nostalgische Klassiker ganz exzellent.
Zum Omelett Arnold Bennett reicht das Mount St. Restaurant ein paar knusprig gebackene Brotchips.
Die absolut köstliche Dover Sole im Mount St. Restaurant erreicht fast das Niveau der Sole Meunière im Mon amie Maxi und kostet dabei nicht einmal 20 Prozent mehr als in unserer kleinen bescheidenen Brasserie und Austernbar.
Das Sirloin Steak ist, was Duktilität, Aromatik und der Sättigung an intramuskulären Liposom-Clustern angeht, eher von mediterraner Qualität. Dass man im Mount St. Restaurant die hohe Kunst des Frittierens perfekt beherrscht, beweist eindrucksvoll der liebevoll ausgebackene Zwiebelring. Die fragile Teighülle erinnert frappierend an ein komplexes Mandelbrot-Fraktal und implodiert förmlich beim ersten Kontakt mit dem Gaumen. Eine sehr beeindruckende kulinarische Erfahrung, die uns fast ein wenig an den sagenumwobenen Beef-Salad der New Yorker Redfarm erinnert.
Zum Schluss haben wir noch ein kurze Frage an Euch: Was haltet Ihr eigentlich vom neuen Roman „The Shards“ von Bret Easton Ellis? Schreibt uns Eure Meinung doch bitte an info@mook-group.de
FIN