Seit Wochen geistert die menschliche Internet-Meme SaltBae durch die sozialen Netzwerke. Das erstaunliche Social-Media-Phänomen tranchiert mit dramatischen Gesten riesige T-Bone-Steaks, zerteilt wie ein Samurai durch die Luft fliegende Filets oder spankt lasziv herabhängende Tenderloins. Als finales Crescendo seiner Darbietung salzt der SaltBae sein Grillgut mit einem mittlerweile legendär gewordenen Signature-Move. Dabei beugt er seinen Arm wie Bruce Lee zu einer pantomimisch dargestellten Cobra und lässt das grobe Fleur de Sel lässig über seinen gestählten Unterarm nach unten rieseln. Der drahtige Meister trägt dabei gerne hautenge Stretch-Shirts und extra dunkle Sonnenbrillen. Sein grimmiges Antlitz wird von einem akkurat getrimmten D’Artagnan-Bart gerahmt und seine stoische Mine zeigt keinerlei Regungen. Als Betrachter ist man unschlüssig, ob es sich bei der Darbietung um eine Persiflage oder eine ernst gemeinte Vorführung handelt. Jedenfalls steckt hinter dem Phänomen mehr als nur eine skurrile Beef-Performance. SaltBae heisst in Wahrheit Nusret Gokce und betreibt als Co-Owner das durchaus spannende Steakhouse-Multiple Nusr-Et. Die expansive Mini-Kette ist bisher extrem erfolgreich und betreibt mittlerweile 6 Outlets in der Türkei und Dubai. Nun hat der SaltBae verkündet, dass er demnächst Filialen in London und New York eröffnen möchte. Ein guter Anlass, das erstaunliche Konzept für Euch etwas genauer unter das gestrenge Mookular zu nehmen.
Das Ambiente im Nusr-Et Steakhouse Dubai besticht durch einen eher unprätentiösen Shabby-Chic-Charme. Das Deko-Highlight sind lediglich einige an die Wand geschraubte Schlachter-Messer und Metzger-Beile. Offensichtlich stecken die Betreiber ihre finanziellen Ressourcen lieber in ihr ausgeklügeltes Social-Media-Marketing und eine aggressive Expansions-Politik. Der SaltBae ist anscheinend nicht nur eine begnadeter Showman, sondern auch ein gewiefter Business-Player.
Hier ein kurzer Blick in die offene Show-Küche.
Sehr schön ist der Blick durch die weit geöffneten Schiebetüren. Man sieht am Horizont die Skyline mit dem wahrlich unglaublichen Burj Khalifa.
Highlight im Nusr-Et Steakhouse ist aber zweifelsohne die formidable Fleischtheke. Die Steaks sehen aus wie gemalt und sind von exzellenter Qualität. Wie uns der nette Ober erklärt, stammen sämtliche Steaks ausschliesslich von australischen Wagyu-Rindern. Eine solch hervorragende Qualität hat natürlich auch einen entsprechenden Preis. Selbst kleinere Formate sind nicht unter hundert Euro zu haben. Die zweiköpfige Mook Redaktion hat letztendlich – mit Aperitif und einem Wein aus dem mittleren Preissegment – knapp achthundert Euro für Euch begleichen dürfen. Ein Summe, die teutonisch sozialisierte Gäste nur sehr ungern mehrmals die Woche in Restaurants verkonsumieren. In Dubai sind solche finanziellen Lappalien allerdings kein Problem. Die erstaunliche Steakhouse-Formel platzt täglich aus allen Nähten. Die Kollegen in Städten wie Dubai, Tokyo und London sind wirklich zu beneiden. Es muss einfach großartig sein, bei der Auswahl seiner Produkte keinen monetären Zwängen zu unterliegen.
Die australischen Rancher leisten momentan übrigens ganz hervorragende Arbeit. Aktuell gehen viele Aussie-Züchter dazu über, sogenannte F2-Hybride zu forcieren. Dabei kreuzt man solange Black-Angus-Kühe mit reinrassigen Tajima-Bullen, bis ein genetischer Wagyu-Anteil von 75 Prozent entsteht. Aus diesem Verhältnis resultiert ein für klassische Steaks geradezu perfekter Marmorierungsgrad. Reinrassige japanische Wagyu-Rinder eignen sich durch ihren extrem hohen Anteil an intramuskulären Liposom-Clustern nämlich nur sehr bedingt für opulentere Steakhouse-Cuts. Bei den F-2-Hybrid-Herden werden hingegen die Vorteile beider Rassen zu einem geradezu perfekten Steak-Cuvée vereint. Kein Wunder also, dass bei der letzten World Steak Challenge das australische Wagyu Sirloin der Jack`s Creek Ranch mit der Marmorierungsstufe von 7 bis 8 auf der MLA-Skala (Meat-and-Livestock-Marbeling) zum besten Steak der Welt gekürt wurde. Hier sehen wir die perfekt gemarbelten Steaks noch einmal in einem besonders schönen Close-up.
Die Profis unter Euch haben es natürlich sofort erkannt. Beim Grill-Gear vertraut der prominente Meister auf einen üppig ausgestatteten Asado-Grill aus dem Hause der Clay-Oven-Company. Keine schlechte Wahl, speziell für Freunde solider englischer Wertarbeit. Warum die Clay-Oven-Company dieses Modell ausgerechnet Asado-Grill nennt, können wir uns allerdings nicht erklären.
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Nusr-Et-Formel ist die Tatsache, dass praktisch jedes Gericht am Tisch zubereitet, tranchiert oder zumindest gefinished wird. Dabei wird immer mit großem Brimborium gearbeitet. Ein gutes Beispiel dafür ist das sogenannte Meat-Sushi. Der Kellner formt mit seiner behandschuhten Hand ein Reiskugel. Danach ummantelt er den Kohlehydrat-Ball mit einer rohen Carpaccio-Scheibe, bestreicht die Kreation mit einer Art Guacamole, um anschliessend die skurrile Reis-Fleisch-Chimäre mit einer feurig lodernden Blow-Torch abzuflammen. Zum Schluss wird das sogenannte Meat-Sushi lediglich noch mit Salz und einigen krossen Pomme-Allumette überstreut.
Hier sehen wir das finale Ergebnis. Die erstaunlich Kreation schmeckt übrigens exakt so, wie es die Optik prophezeit.
Alle Kellner tragen coole Schiebermützen, trendige Slim-Ties und dieselben voluminösen Magnum-Bärte. Wir fragen uns ernsthaft, ob es zur Jobbeschreibung gehört, sich einen Moustache wachsen zu lassen. Unser Nachbartisch vermutete übrigens, dass die Bärte vor Beginn der Schicht angeklebt werden müssen.
Der Kellner preist uns die Meat-Spaghetti als perfekten Zwischengang an. Als in jeder Facette vorbildliche Gäste folgen wir natürlich seiner Empfehlung. Hinter dem skurrilem Namen verbirgt sich übrigens lediglich eine in Streifen geschnittene Rinder-Paillard mit Zwiebeln. Die Portion ist sehr klein, kostet allerdings auch umgerechnet nur etwa achtzig Euro.
Auch die Burger bestechen durch eine solide Handwerklichkeit.
Das australische Wagyu-Rib-Eye brilliert durch eine opulente Sättigung an intramuskulären Liposom-Clustern. Der geradezu barock anmutende Körper verfügt dabei noch über einen extrem komplexen Charakter und kann damit sogar US-amerikanischen Premium-Qualitäten problemlos die Stirn bieten. Bei der strukturellen Fragilität spielt das Bone-in-Rib-Eye dann noch einmal in einer anderen Liga. Gutes Wagyu-Beef ist hier noch immer das Referenz-Produkt. Wie man allerdings unschwer erkennt, verzichtet der SaltBae offensichtlich darauf, seine Steaks mit einer markanten Schicht aus karamellisierter Monosacharide zu kolorieren. Warum der Meister hier auf die stickstoffhaltigen Melanoidine der Maillard-Reaktion verzichtet, erschließt sich der Mook Redaktion allerdings nicht. Wir verfolgen bei diesem Thema eine etwas andere Philosophie.
Das kulinarische Signature-Gericht im Nusr-Et sind angeblich die aus der Türkei stammenden Lamb-Chops. Und in der Tat, die am Tisch tranchierten Lamm-Tomahawks sind wahrlich exzellent. Wir hätten uns die Halal geschlachteten Koteletts lediglich etwas weniger demi anglais gewünscht. Die Portion ist übrigens selbst für einen ambitionierten Esser üppig und kostet dabei umgerechnet nicht einmal zweihundert Euro. Nichtsdestotrotz ist sich die Mook Redaktion einig, die Preise im Nusr-Et wären in Deutschland wohl nur in der glamourösen Politik- und Lobbyisten-Hochburg Berlin problemlos zu realisieren. Eigentlich sollte der SaltBae noch eine Filiale im dicken B eröffnen. Die Spin-Doktoren und verwöhnten Volksvertreter sind im Gegensatz zu den Compliance geplagten Bänkern ja noch äusserst spendabel und lieben bekanntlich das große Tam Tam.
Auch die Beilagen werden im Nusr-Et sehr fair ausgepreist. Die köstlichen Kroketten kosten beispielsweise umgerechnet nur etwa achtzehn Euro. Wir haben in den USA, England und Japan in letzter Zeit schon häufig dramatisch teurere Beilagen serviert bekommen. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass Gastronomen in Dubai auch unter wesentlich humaneren fiskalischen und administrativen Bedingungen kalkulieren können.
Als nächstes will der SaltBae die Filiale in London eröffnen. Hier muss das Nusr-Et allerdings unter verschärften Bedingungen operieren. Das Nusr-Et-Steakhouse ist konzeptbedingt extrem personalintensiv und das Lohngefüge in England ein völlig anders als in der Türkei oder Dubai. Auch gibt es in London schon zahlreiche gute und ähnlich positionierte Mitbewerber. Es wird also nicht ganz einfach, im mittlerweile extrem inflationären Steakhouse-Business Fuß zu fassen. Das musste vor kurzem sogar der legendäre Gastro-Zar Arkadi Novikov schmerzlich erkennen. Sein auch sehr auf Effekthascherei fokussiertes Steakhouse-Konzept Rextail musste dort trotz exquisiter Qualität und einer fabelhaften Lage in Mayfair erst kürzlich wieder seine Pforten schliessen. Ein herbe Niederlage für den ansonsten so erfolgsverwöhnten Superstar. Andererseits sind türkische Konzepte in London momentan ziemlich angesagt. Beispielsweise ist der grandiose Neo-Osmane Yosma aktuell der Talk of the Town und erhält von der lokalen Presse geradezu euphorische Kritiken. Wir dürfen also gespannt sein, wie der Markt in London auf das Nusr-Et reagiert.
Die Mook Reaktion verzichtet normalerweise auf hochkalorische Desserts. Beim köstlichen Baklava können wir aber nicht nein sagen.
FIN