In Deutschland machen sich die meisten Wirte vor der Eröffnung ihres Lokals vornehmlich darüber Gedanken, woher man die preiswertesten Tische und Stühle besorgen kann und welche Freunde bei der Renovierung behilflich sein könnten. In den relevanten Metropolen dieser Welt reicht Engagement und solide Küche leider nur selten aus, um die verwöhnte Klientel in ekstatische Euphorie zu versetzen. Deshalb gehen die global wirklich erfolgreichen Hospitality-King-Pins wie Arjun Waney, David Yeo, Stephan Starr, Keith McNally, Arkadiy Novikov und Richard Caring hier völlig andere Wege. Sie besuchen im Vorfeld Galerien, Museen, Messen und alle international relevanten Referenzlokale. Sie sprechen mit Kuratoren, Köchen, Historikern, Künstlern und wichtigen Opinionleadern. Sie gehen in ihre Bibliothek und recherchieren dort ausgiebig in Kochbüchern, Bildbänden und Kunstmagazinen. Erst nachdem sich so ihre Ideen nachhaltig manifestiert haben, begeben sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Interior-Designer, der gemeinsam mit ihnen die vorher entwickelten Visionen materialisiert. Adam und Drew Jones, die beiden coolen Shooting-Stars der britischen Hospitality-Szene, haben sich nach dem Prozess der Introspektion dafür entschieden, die Joyce Wang Studios mit dem Ausbau ihres chinesischen Upscale-Formel TATTU zu beauftragen. Damit war natürlich klar, dass wir die neue Supervenue sofort für Euch unter das gestrenge Mookular nehmen mussten.
Hier sehen wir den Gang zum TATTU in zwei komplett unterschiedlichen Looks. Wer jetzt vermutet, dass der Korridor mit Hilfe komplexer Projectionmapping-Beamern mit unterschiedlich animierten Szenarien bespielt wird, liegt vollkommen richtig!
Aufmerksame Mook-Group-Fans wissen ja bereits, dass die in London und Hong Kong ansässigen Joyce Wang Studios nicht nur für das MOTT 32 in Las Vegas und das ICHU in Hong Kong verantwortlich sind, sondern auch für das grandiose Neo-Izekaye KYUBI im Londoner ARTS CLUB. In diesem Kontext haben wir uns schon sehr ausführlich mit dem furiosen Œuvre der renommierten Designschmiede beschäftigt. Wer also mehr über die Joyce Wang Studios und den superexklusiven Members-only-Club erfahren möchte, findet unseren ausführlichen Mookular-Bericht problemlos über die Suchleiste des Mook-Magazin-Blogs.
Zu glauben, dass London noch ein weiteres chinesisches High-End-Restaurants braucht, zeugt von einer sehr gesunden Portion Hybris. Immerhin gibt es im Silicon Valley der Hospitality-Branche nicht nur exzellente Old-School-Chinesen wie das MIN JIANG, MR. CHOW oder das wundervoll antiquierte CHINA TANG im Dorchester Hotel, sondern auch so unglaublich grandiose Game-Changer-Konzepte wie das PARK CHINOISE, REDFARM, HUTONG, MIMI MEI FAIR oder das A WONG.
Man kann Adam und Drew Jones für diesen äusserst couragierten Business-Move also nur bewundern. Allerdings haben die beiden Brüder schon in Leeds, Manchester, Birmingham und Edinburgh eindrucksvoll bewiesen, dass sie mit ihrer coolen TATTU-Formel die lokale Restaurantszene gehörig aufmischen können.
Bekanntlich ist der grandiose Yacht- und Interior-Designer Christian Liaigre für den stylischen Look & Feel der beliebten HAKKASAN-Formel verantwortlich. Aufmerksamen Beobachtern fällt an dieser Stelle sicherlich auf, dass speziell das zentrale Siheyuan im TATTU mit seiner detachierten Formensprache sehr an das berühmte Original erinnert. Ganz offensichtlich haben sich die Joyce Wang Studios dazu entschieden, den Main-Dining-Room als eine Art architektonische Hommage an das berühmte Vorbild zu gestalten.
Das TATTU ist, genau wie die fabelhafte chinesische Upscale-Formel HUTONG, ein Observation-Restaurant in einem High-rise-Building. Die bodentief verglasten Panoramafenster im TATTU erlauben auch einen sehr schönen Blick in die Büros der umliegenden Hochhäuser. Allerdings befindet sich das Hutong im legendären Shard Tower und damit natürlich weit außerhalb des Londoner Hochhaus-Clusters. Somit ist der Blick aus dem Hutong auf die Stadt und die gesamte Skyline natürlich nochmal wesentlich dramatischer. Ein riesiger USP-Vorteil, den wir glücklicherweise auch in unserem Skyline-Restaurant FRANZISKA genießen!
London hat sich mittlerweile zu einem wahren Mekka der Rooftop-Restaurants entwickelt. Aufmerksame Mook-Magazin-Leser werden sich in diesem Kontext sicherlich noch lebhaft an unsere Berichte über das Oblix, Bokan, Searcy, Sushisamba, Fenchurch und das City Social erinnern. Aber abgesehen von der erstaunlichen Inside-Out-Bar im Duck & Waffle konnte uns keine Bar in einem Londoner Skyline-Restaurant wirklich überzeugen. Im TATTU hingegen arbeitet ein wirklich kompetentes und sehr engagiertes Barkeeper-Team. Wir können deshalb mit gutem Gewissen empfehlen, einen kleinen Pit-Stop an der Phönix-Bar des TATTU einzulegen. Wer sich übrigens gerade gefragt hat, was eine Inside-Out-Bar sein soll, findet unseren Mookular-Bericht über das Duck & Waffle problemlos über die Suchleiste des Mook-Magazin-Blogs…
Die Bar ist klein, aber sehr beeindruckend bestückt. Selbst verwöhnte Aficionados werden im TATTU fündig. Aufmerksame Barflys entdecken beispielsweise im mittleren „Bird-Cage“ einen echten Pappy van Winkle. Eine geradezu mythische Bourbon-Rarität, die selbst den Mitgliedern der Mook Redaktion nur selten unter das Mookular kommt.
Die Cocktails werden nicht nur solide exekutiert, sondern auch sehr effektvoll präsentiert. Der Zen-Cocktail wird beispielsweise auf einem Kästchen mit einem miniaturisierten Kare-san-sui-Garten serviert. Man kann die kleine Schatulle aufziehen, die winzigen Steine, floralen Petitessen und diversen Miniaturen neu arrangieren und mit einem kleinen Rechen filigrane Wellen in den feinen Sand zeichnen.
Schon nach kurzem Studium der klug kuratierten Speisekarte wird klar, dass das TATTU nicht nur mit chinesischen Klassikern wie XO Scallops und Salt`n Pepper Squid auftrumpft, sondern auch mit trendigen Cross-over-Gerichten wie Wagyu-Truffle-Carpaccio oder Yellowtail-Kiwi-Sashimi. Und natürlich findet sich auf der Karte auch noch ein Mock Chicken mit schwarzer Bohnensauce. Eine Art von Gericht, das selbstverständlich heutzutage auf keiner coolen Hipster-Karte mehr fehlen darf.
Das TATTU ist wirklich ein exzellenter neuer Upscale-Chinese ohne Fehl und Tadel. Speziell Fans des Post-Yau-HAKKASANS werden mit dem TATTU sicherlich ihre Freude haben. Ansonsten hat das TATTU aber ein Problem. Ab einem Betrag vom circa 500,- Pfund kann man als sparsames Pärchen auch ein romantisches Tête-à-Tête in einem echten Game-Changer-Chinesen wie dem PARK CHINOISE, HUTONG oder MIMI MEI FAIR verbringen.
An dieser Stelle möchten wir Euch noch ein paar kulinarisch Impressionen präsentieren.
Das pikante Tuna Tataki sieht nicht nur exzellent aus, sondern schmeckt auch ganz ausgezeichnet.
Auch das Angry Bird kann die kritische Mook Redaktion spontan überzeugen.
Auch ein paar Potsticker finden sich auf der Karte des TATTU.
Die Sticky Beef Ribs sind ebenfalls ein köstlicher kleiner Crowdpleaser.
Den Geschmack der krossen Tintenfische kann man perfekt an der Optik ablesen.
Auch ein Dessert mit den aktuell sehr angesagten Tapioka-Popping-Bobas findet sich auf der Karte des TATTU.