Aktuell wird heiß diskutiert, wie man die zukünftige Koalition aus CDU, CSU und SPD nennen sollte. Im Raum stehen Vorschläge wie Angola-Koalition, Status Quoalition oder KleiKo. Immer häufiger fällt jedoch der Begriff Marienkäfer-Koalition. Eine, wie wir finden, wirklich brillante Idee. Immerhin ist der Marienkäfer ein rotes Insekt mit winzigen schwarzen Punkten und illustriert somit auf geradezu metaphorisch perfekte Weise das vorgelegte Koalitionspapier.
Im Koalitionsvertrag steht unter anderem, dass ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar sei. Darüber hinaus hat Lars Klingbeil, der umjubelte Sieger der Koalitionsverhandlungen und sicherlich künftige Finanzminister, vollmundig verkündet, den Mindestlohn in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit durchzusetzen. Damit dürfte das von uns bereits im letzten Newsletter prognostizierte Szenario aus sinkender Mehrwertsteuer auf Speisen und gleichzeitig steigendem Mindestlohn nun höchstwahrscheinlich tatsächlich eintreten.
Was Herr Klingbeil bei seiner selbstbewussten Ankündigung allerdings komplett vergessen hat zu erwähnen, ist, dass sein großzügiges Geschenk von den vollkommen verzweifelten deutschen Wirten bezahlt werden muss und ihm laut unserer extrem konservativen Rechnung mindestens 14 Milliarden Mehreinnahmen in seine Staatskassen spülen wird. Mehreinnahmen, die natürlich zum großen Teil von den ohnehin schon finanziell vollkommen ausgebluteten Wirten bezahlt werden müssen.
Die Verquickung von Mehrwertsteuersenkung und Mindestlohnerhöhung wird die Speisegastronomie also nicht wie politisch insinuiert finanziell entlasten, sondern massiv belasten und so unweigerlich dazu führen, dass noch mehr handwerklich seriös arbeitende Wirte resigniert das Handtuch werfen müssen.
Noch absurder wird die Situation, wenn man sich vergegenwärtigt, wie extrem der Mindestlohn in den letzten Jahren bereits angehoben wurde. Seit seiner Einführung im Jahr 2015 ist er um satte 76 Prozent gestiegen – während die Tariflöhne im selben Zeitraum nur um etwa 30 Prozent zugelegt haben. Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um zu erkennen, welche Sprengkraft in dieser entkoppelten Entwicklung steckt – insbesondere für Branchen mit hoher Personalkostenquote wie die Gastronomie.
Noch zynischer wird es, wenn man berücksichtigt, dass sich der Staat mit seiner Mindestlohnerhöhung gleich doppelt bedient. Zum einen kassiert er über Lohnsteuer und Sozialabgaben direkt mit, zum anderen steigt auch der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Eine staatlich verordnete Lohnsteigerung wird so zur fiskalischen Goldgrube für die Regierung.
Was Herr Klingbeil übrigens auch vergessen hat zu erwähnen, ist, dass sein großzügiges Geschenk den Beschenkten unterm Strich nur extrem wenig bringen wird, weil der Staat sich gleich wieder einen Löwenanteil der Lohnerhöhung über Steuern und Abgaben zurückholt und der restliche finanzielle Zugewinn durch die zwangsläufig massiv steigenden Lebenshaltungskosten aufgefressen wird. Die Gastronomie wird durch die politisch initiierte Lohnanhebung zu einem unfreiwilligen Brandbeschleuniger der Inflation gemacht, was wiederum die nächste Lohnrunde unausweichlich erscheinen lässt. Der Teufelskreis aus Lohnsteigerung, Preisanstieg und Kaufkraftverlust nimmt also weiter Fahrt auf.
Noch problematischer wird das Ganze vor dem Hintergrund, dass viele Beschäftigte im unteren Lohnsegment trotz der gesetzlichen Kopplung der Minijob-Grenze an den Mindestlohn real unter Druck geraten. Zwar wird die Entgeltgrenze bei Minijobs formal angepasst, doch gerade im sensiblen Übergangsbereich zu Midijobs rutschen viele Arbeitnehmer durch die Lohnsteigerung in Regionen, in denen sie plötzlich deutlich höhere Abgaben leisten müssen. Unterm Strich bleibt ihnen dann kaum etwas vom vermeintlichen Lohnplus, während der Staat erneut kräftig zulangt. Gleichzeitig sehen sich aber auch sie mit den unweigerlich steigenden Preisen für Güter und Dienstleistungen konfrontiert, die durch die Lohn-Preis-Spirale zusätzlich befeuert werden. So erleiden ausgerechnet jene, die ohnehin über den geringsten finanziellen Spielraum verfügen, trotz nomineller Gehaltserhöhung einen realen Kaufkraftverlust.
Bei all dem handelt es sich im Grunde genommen um eine Steuererhöhung durch die Hintertür. Denn die politisch inszenierte Lohnanhebung führt zu deutlich höheren Staatseinnahmen, ohne dass auch nur ein einziger formeller Steuersatz angehoben werden musste. Es ist eine stille, aber äußerst effektive Umverteilung von unten nach oben, getarnt als soziales Wohlfühlpaket.
Zum Schluss sollte man noch einmal erwähnen, dass fast alle Mindestlohnempfänger in der Gastronomie finanziell deutlich besser gestellt sind als Mindestlohnempfänger in anderen Branchen. Servicekräfte erhalten beispielsweise nicht nur steuerfreies Trinkgeld, sondern auch steuerfreie Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Übrigens genau wie Küchenhilfen, Spüler und Köche, die in der Regel ohnehin deutlich mehr als den Mindestlohn verdienen.