Unsere mühseligen Recherchen führten uns schon in die erstaunlichsten und besten Bars der Welt. Wir schlürften schon Singapore Sling an der legendären Long Bar des Raffels Hotel. Wir degustierten Martini Cocktails bei Javier de las Muelas in Barcelona. Wir nippten schon an Bellinis in Harrys New York Bar. Wir verkosteten in Chicago schon unzählige Gibsons im legendären Gibson. Wir gehörten sogar zu den letzten Gästen, die einen Mai Tai im original Traders Vic genießen durften. Immer waren wir für Euch auf der Suche nach der perfekten Bar. Jetzt sind wir bei unseren Nachforschungen wieder einmal auf ein echtes Kleinod gestoßen. Die Scarfes Bar im nagelneuen Rosewood Hotel ist ein echtes Juwel und deshalb definitiv wert, genauer unter das gestrenge Mookular genommen zu werden.
Der renommierte Maler, Zeichner und Karikaturist Gerald Scarfe ist der Namensgeber der Scarfes Bar. Der virtuose Illustrator liefert der konservativen Sunday Times schon seit über vierzig Jahren die politischen Karikaturen. Gerald Scarfe arbeitete aber auch schon für das Time Magazin, den New Yorker und die New York Times. Sein spitzer Pinsel ist bis heute äußerst beliebt und extrem gefürchtet. Dem deutschen Publikum ist Gerald Scarfe vor allem durch die avantgardistische Gestaltung des legendären Pink Floyd Konzeptalbums „The Wall“ ein Begriff. Seine teilweise verstörenden Sujets erinnern dabei fast ein wenig an Francis Bacon und Hieronymus Bosch. Auch karikiert er mit seinem markanten Duktus subtil die Ästhetik Leni Riefenstahls und zitiert damit geschickt die Schrecken des Nationalsozialismus. Gerald Scarfe schuf mit dem „The Wall“-Cover und den Zeichentricksequenzen des korrespondierenden Films ein geradezu epochales Gesamtkunstwerk, das sich für immer in das visuelle Langzeitgedächtnis einer ganzen Generation eingebrannt hat. Wer erinnert sich beispielsweise nicht mit einem leichten Schauer an die verzerrte Fratze des marionettenhaften Lehrers und die martialisch stampfende Hammer-Armee?
Gerald Scarfe ist nicht nur der Namensgeber der Bar, sondern war auch aktiv bei der Gestaltung der Location beteiligt. Seine unverwechselbaren Gemälde, Scribbels und Illustrationen zieren die kompletten Wände der imposanten Venue. Eine Ecke der Bar dekoriert Gerald Scarfe sogar regelmäßig eigenhändig mit tagesaktuellen Karikaturen. Die Scarfes Bar ist wirklich das ideale Refugium, um bei einem kühlen Tom Collins über Kunst, Kultur und die aktuellen politischen Entwicklungen zu parlieren.
Die gestalterische Idee der Scarfes Bar ist es, die Lässigkeit eines bohèmen Künstlerateliers mit der gediegenen Gemütlichkeit eines englischen Gentlemen Clubs zu verschmelzen. Die Mook Redaktion ist sich schnell einig, dass diese komplexe Aufgabenstellung geradezu bravourös gelöst wurde. Verantwortlich für diese erstaunliche Meisterleistung ist übrigens kein geringerer als Martin Brudnizki. Der umtriebige Designer ist ein wahrer Workaholic und hat in seiner Karriere schon unzählige legendäre Hospitality-Locations gestalteten dürfen. Zu seinem erstaunlich facettenreichen Portfolio gehören beispielweise die J.Sheekey Oyster Bar, der Rib Room, das legendäre Annabels und das extrem hippe Jackson & Rye. Auch außerhalb Londons war Martin Brudnizki schon gestalterisch tätig. Zu seinen bekanntesten Werken zählt dabei neben dem Ivy in Dubai auch das Cecconi`s in West Hollywood und das fabelhafte Matsuhisa by Nobu im Badrutt’s Palace St. Moritz. Erstaunlich, wie klein die Welt ist. Ständig stolpert man über die gleichen Namen.
Die eigentliche Halle der Scarfes Bar wird von massiven ionischen Marmorsäulen getragen. Auch die komplett umlaufende Lamperie wurde aus edlem Kittilä-Marmor gefertigt. An der Decke hängen riesige grünlich oxidierte Licht-Sphären, die das scheinbar wild zusammen gewürfelte Mobiliar in ein anheimelndes Licht tauchen. Eingerahmt von einer hölzernen Bibliothek prasselt im hinteren Teil der Bar ein behaglicher Kamin. In dieser äußerst exzentrisch designten Kulisse hätte sich sicherlich auch Phileas Fogg und Oscar Wilde sehr wohl gefühlt. Die Bar wurde allerdings nicht nur extrem smart und stilsicher gestaltet, sondern passt mit ihrem wunderbar schrulligen Club-Charakter auch perfekt in die edwardianische Belle Époque Kubatur des Rosewood Hotels.
Man beachte bitte das selbstironische Selbstportrait von Gerald Scarfes auf der Mundserviette. Hier ist offensichtlich jemand genauso detailverliebt wie die Mitglieder der Mook Redaktion.
Auch der kunstvoll punzierte Ledereinband der Karte begeistert die Mook Redaktion. Es muss wundervoll sein, wenn man bei wirklich allen Details aus dem Vollen schöpfen kann. Leider ist es in Deutschland für die gehobene Gastronomie ja schon lange unmöglich geworden, große Investitionen in einem kaufmännisch vernünftigen Zeitrahmen zu recoupen. Die faszinierende deutsche Fiskalpolitik macht da der hiesigen Hospitality Industrie ja leider einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Über dieses leidige Thema haben wir ja schon unzählige Male ausführlich referiert. Gehalten wird der prachtvolle Foliant übrigens vom der geschmeidigen Hand des kulinarischen Trendsetters des Jahres.
Eine lässige Kapelle unterhält regelmäßig das staunende Publikum mit Evergreens der Musikgeschichte. Das Repertoire reicht dabei von Thelonious Monk bis George Gershwin. Auch veranstaltet die Scarfes Bar des Öfteren Varieteabende mit wechselnden Artisten und Künstlern. Dabei können neben akrobatischen Kontorsionisten auch burlesque Tänzerinnen und Close-up-Magier auftreten.
Die ehrwürdige Artesian Bar im Langham Hotel hat wirklich harte Konkurrenz bekommen. Speziell seit die Artesian Bar neuerdings beschlossen hat, ihre Barhocker am Tresen ersatzlos zu streichen, bevorzugt das Mook Culinary Research Team die neue Scarfes Bar im wunderschönen Rosewood Hotel. Hier noch ein letzter Blick auf die imposante Fassade des Rosewood Hotel.