Das neue China-Restaurant Yuan im Atlantis Hotel Dubai ist angetreten, um die Standards für chinesische Küche neu zu definieren – so jedenfalls postuliert es das Restaurant vollmundig auf seiner Webseite. Nach unserer Visite können wir aber glaubhaft versichern, dass dieses ehrgeizige Vorhaben durchaus von Erfolg gekrönt werden könnte. Die Bescheidenheit der Betreiber wird nämlich nur noch von der Qualität ihrer fabelhaften Speisen übertroffen. Insgesamt ist das Restaurant speziell für Liebhaber der Cantonese- and Szechuan-Cuisine sehr zu empfehlen.
Das Yuan kann allerdings nicht nur durch seine exzellente Küchenleistung überzeugen. Auch das stringent durchorchestrierte Interior-Design ist ganz hervorragend gelungen. Die Yuan-Macher haben sich dabei offensichtlich stark an der streng komponierten Formensprache des legendären Hakkasans orientiert. Allerdings wurde im Yuan das kühle Yves-Klein-Blau eher durch warme Erdtöne ersetzt. Das komplette Barback wurde beispielsweise mit semi-transparenten Alabaster-Kacheln verkleidet und ist von hinten dezent illuminiert. Das klug konstruierte Licht-Paneel ist gigantisch und flutet den kompletten Speisesaal mit einer extrem anheimelnden Lichtstimmung.
Für leicht exhibitionistisch veranlagte Gäste bietet das Yuan die Möglichkeit, auf einem etwas erhöhten und von unten erleuchteten Catwalk in der Mitte des Lokals zu dinieren. Eine Option, die im hedonistischen Wüstenstaat sicherlich viele Freunde finden wird. Das extrovertiert laszive Interior-Design stammt übrigens aus der Ideenschmiede der Steve Leung Studios in Hong Kong. Das breit gefächerte architektonische Spektrum des Kreativteams um Mastermind Steve Leung reicht dabei von spektakulären Venues wie dem opulent gestalteten „Le Dome de Crystal“ in Hong Kong bis zu dem eher unprätentiös arrangierten „Ushna“ in Abu Dhabi.
Beim Anblick der farbenfrohen Untersetzer muss man natürlich unwillkürlich an eine Lucha-Libre-Maske denken. Beim gummierten Antlitz handelt es sich allerdings sinnigerweise um eine Figur aus der Peking-Oper. Die bunten Masken der Peking-Oper haben alle eine bestimmte Bedeutung. Sie drücken jeweils den Charakter und die Eigenschaft der verschiedenen Figuren aus. Das rote Gesicht ist im allgemeinen positiv zu bewerten, es repräsentiert meistens Loyalität und Tapferkeit. Ein schwarzes Gesicht deutet Zorn und Spitzfindigkeit an. Ein blaues oder grünes Gesicht ziert meistens gewitzte Räuberhelden mit Mut und unbändiger Lebensfreude. Gelbe Gesichter sind dafür negativ besetzt und deuten Heuchelei und Grausamkeit an. Goldfarbene und silberfarbene Gesichter sind mysteriös und symbolisieren eine Gottheit oder aber ein Ungeheuer.
Die Tischplatten sind mit wunderschönen dreieckigen Intarsien aus Perlmut belegt. Die mystisch schimmernden Polygone wurden sicherlich nicht grundlos von Steve Leung in dieser Form gewählt. Die Zahl drei hat in der chinesischen Zahlenmythologie eine große Bedeutung. Die Zahl drei klingt im chinesischen wie der Begriff „lebendig“ und gilt damit als „gute Zahl“. Weiterhin gelten ungerade Zahlen in der chinesischen Zahlensymbolik als mächtig und maskulin. Die Zahl drei steht aber auch für die Triade aus Himmel, Erde und Mensch. Und natürlich verkörpert die Zahl drei auch die Trinität der drei großen philosophischen und religiösen Lehren: Daoismus, Buddhismus und Konfuzianismus.
Nun aber genug parliert. Wenden wir uns nun endlich dem Studium der umfangreichen Karte zu.
Als Amuse-Gueule wird ein kleine Schale mit Kroepoek gereicht. Die krossen Krabbenchips werden aus Tapiokamehl, Salz und gemahlenen Shrimps hergestellt und stammen ursprünglich aus Indonesien. Die Chips sind vor dem Frittieren übrigens nur wenige Millimeter dick und fast transparent.
Die Köche im Yuan sind wahre Virtuosen und beherrschen alle Facetten der Dim Sum Zubereitung. Alle Kreationen sind handwerklich perfekt und betören in ihrer geschmacklichen Vielfalt. Ständig wird man von neuen und köstlichen Aromen, Texturen und Gerüchen überrascht.
Die köstlichen Spring-Rolls sind ganz offensichtlich In-House produziert.
Gedämpfte BBQ Pork Buns gehören zur Leibspeise der Mook Redaktion. Das Yuan serviert diesen Klassiker der Dim-Sum-Küche in perfekter Konsistenz und Textur. Insgesamt schmeckt uns das Gericht aus der Abteilung Comfort-Food sogar mindestens so gut wie in der legendären Momofuku Ssäm Bar von Evil-Genius David Chang. Lediglich die Optik der Bahn-Baos ist etwas verstörend. Warum bloß wurden die üblicherweise harmonischen runden Formen des Buns am Rand komplett zerrupft? Eine Frage, die uns auch die charmante Kellnerin nicht erschöpfend beantworten konnte.
Hier sehen wir geschmorte Auberginen mit Black Pepper Sauce. Der duftende Happen wir im traditionellen Clay Pot serviert und schmeckt großartig. Warum der Lehmtopf allerdings mit lustig anmutenden Meersfrüchten bemalt wurde erschließt sich der Mook Redaktion allerdings nicht.
Werfen wir doch einmal einen kurzen Blick in das geöffnete Lehmtöpfchen. Das sublime Aromenspiel aus pikanten und lieblich süßen Akzenten ist perfekt ausbalanciert. Hier war ein echter Könner am Werk. Dieses Gericht würden wir bedenkenlos genauso so in die Zenzakan Speisekarte implentieren.
Die Kreation erinnert zwar optisch verblüffend präzise an eine Peking Ente, ist aber in Wahrheit ein Shanghai Chicken. Das noble Tier wurde in Rosen-Tee-Rauch geräuchert und ist definitiv für eine gute Sache gestorben. Das Gericht besticht durch perfekt getimete Garzeiten und unglaubliche Texturen. Das butterzarte Fleisch schmilzt wie eine warme Butterflocke am Gaumen, ohne allerdings dabei artifiziell zu wirken. Die rösche Haut definiert den Ausdruck „knusprig“ völlig neu. Die Mook Redaktion ist tief bewegt und verleiht dieser handwerklich perfekten Kreation bedenkenlos die Höchstnote Mookstyle.
Das Rocky-Road-Dessert ist eine opulente Ode an die Schokolade und orientiert sich eher an der traditionellen französischen Patisserie. Ein wahrlich adäquater Abschluss durch das Land der Aromenvielfalt.
Jetzt nur noch ein paar Macarons.
Fin…