Kaum eine Branche war in der Pandemie so gebeutelt wie die Gastronomie. Christian Mook hat sich mit seiner exklusiven Restaurantgruppe gut erholt – auch wenn ihm von mehreren Seiten das Leben schwergemacht werde.
Von Jacqueline Vogt, Frankfurt und Michael Braunschädel (Fotos)
Wer Christian Mook regelmäßig trifft und weder zu seiner Familie gehört noch zu seinen Angestellten, der begegnet ihm wahrscheinlich auf dem Rennrad oder hat eine Kanzlei oder isst und trinkt gerne. Fahrradfahren nennt der Restaurantbetreiber Mook eine Leidenschaft, die regelmäßige Beratschlagung mit Anwälten und Steuerberatern eine von den Umständen erzwungene Notwendigkeit und den Kontakt zu seinen Gästen ein Lebenselixier. Mook besitzt fünf Lokale, alle in Frankfurt, mit zusammen 850 Sitzplätzen, er gehört zu den größten Individualgastronomen in Deutschland. In der Pandemie hat er mehrfach einen überbordenden und zugleich versagenden Bürokratismus beklagt. Teil eins dieser Kritik hält er aufrecht, wiederholt sie oft und gerne, aus vollem Herzen. „In Deutschland wird es der ethisch arbeitenden Speisegastronomie sehr schwer gemacht. Der Staat drangsaliert die Gastronomie.“
Mook, Jahrgang 1969, wuchs in einem Geschäftshaushalt auf, wohlhabend, mit vielen Freiheiten, die Universität, die er nach der Schule besuchte, war die Welt, ihre Erkundung sein Studienfach. Als der junge Christian Mook Amerika bereiste, erlebte dort eine Restaurantkategorie einen Boom, von der in Europa noch niemand spracht: das High-End-Steakhaus mit weiß eingedeckten Tischen und schwerem Besteck, mit Fleisch in verschiedenen Reifegraden und mit hierzulande unüblichen Zuschnitten.
1997 fand Mook in seiner Heimatstadt seinen beruflichen Weg. Er eröffnete in Frankfurt das M-Steakhaus, ein Lokal, in dem der Service vor der Bestellung die rohen Stücke zur Ansicht präsentiert, mit T-Bone und Porterhouse und Weinflaschen in dunklen Holzregalen. Anfangs lieferte Rungis, dann begann Mook, die Ware selbst zu importieren. Sein jüngstes Objekt ist das Hochhausrestaurant Franziska in der 39. Etage des Wohnhochhauses Henninger Turm, das ehemalige Getreidesilo der namengebenden Brauerei ist ein Frankfurter Wahrzeichen.
Die Mook Group, organisiert in einer Holdingstruktur mit den Lokalen als rechtlich selbständige Profitcenter, verarbeitet nach Worten ihres Chefs heute im Jahr US-amerikanisches Rindfleisch für zwei Millionen Euro Einkaufswert, der Wareneinsatz über die Gruppe gesehen betrage mehr als 30 Prozent. „Ich bin kein gelernter, aber ein sehr fleißiger Gastronom“, sagt Mook.
In seinem ersten Lokal hat er alles fast allein gemacht, jedes Bild aufgehängt. Noch immer plant er die Einrichtung seiner Restaurants selbst, aus Vergnügen, aber auch, um Geld zu sparen. Gerade hat er die Waschräume in zwei Betrieben erneuert, immerhin 200.000 Euro hat das gekostet. Den Stil seiner Lokale beschreibt er als „international, keine Stadtteilgastronomie“. Die Räume sind Themenwelten, der Ivory Club, in dem es Steaks und indische Küche gibt, sieht aus wie eine Bibliothek in einem britisch-indischen Handelshaus, das französische Mon Amie Maxie hat etwas von einem geräumigen Boudoir, das fast 2000 Quadratmeter große, panasiatische Zenzakan ist mit mannshohen Buddhafiguren und Kirschblüten dekoriert, das Franziska ist zurückgenommen bis auf farbstarke Details. „Ich eröffne, was ich selbst gerne besuchen würde“, sagt Mook. Inspirationen für Design und Küche holt er sich weltweit in Hotels, Bars und Restaurants.
Mook beschäftigt 188 fest angestellte Mitarbeiter, 2019 erlebte die Gruppe ihr bis dahin erfolgreichstes Jahr mit einem Umsatz, den Mook beziffert mit „im Millionenbereich ordentlich zweistellig“. Das Coronavirus bremste das weitere Wachstum aus. Und: Wegen der Holdingstruktur, wegen der Größe der Gruppe, wegen zu hoher Umsätze zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown verzögerte sich die Auszahlung der staatlichen Hilfen so lange, bis Mook, wie er das in einem Interview damals sagte, „finanziell ziemlich auserzählt“ war und die Insolvenz gedanklich schon strukturierte.
Der Rückgriff auf privates Vermögen, der Stolz auf Geschaffenes halfen, die Durststrecke zu überbrücken. „So ein Unternehmen gibst du nicht einfach auf.“ Nicht einen Mitarbeiter habe er pandemiebedingt entlassen, sagt Mook, auch weil er überzeugt davon gewesen sei, dass er nach Ende der Einschränkungen jeden einzelnen brauchen werde.
Wie geglaubt, so geschehen: „2022 war für uns sogar noch besser als das Rekordjahr 2019“, sagt Mook. Und schiebt hinterher: „Das betrifft den Umsatz, nicht den Gewinn.“ Dass der nicht höher sei, nicht bei ihm und nicht bei Kollegen, liege auch an einer im europäischen Vergleich unfairen Steuerpolitik. Sie gehe vor allem zulasten derer, die nicht Systemgastronomen mit hoher Take-away-Rate seien. Im Jahr 2020 war, befristet bis Ende 2023, die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von 19 auf 7 Prozent reduziert worden; bis dahin hatte das nur für Essen zum Mitnehmen gegolten. Wirte und ihre Interessenvertreter hatten die Senkung, unabhängig von der Corona-Krise, über Jahre hinweg gefordert, ebenso, dass ein reduzierter Satz auch für Getränke gelten solle. Jetzt wird über eine Entfristung der aktuell geltenden Reduzierungen gestritten, von der Unionsfraktion im Bundestag liegt dazu ein Gesetzentwurf vor.
Mook greift das Thema nicht nur in Gesprächen gerne auf. Er hat ein eigenes Magazin und einen Newsletter, in dem er kein Blatt vor den Mund nimmt. In einer der jüngsten Aussendungen kritisiert er, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) die Steuerermäßigung als Ausgabe bezeichnet habe. Er merkt dazu spitzzüngig an, dass der Begriff falsch sei und der in Rede stehende Umstand „maximal eine minimale Steuermindereinnahme“ darstelle – beziehungsweise das so wäre, „wenn der Staat seine durch die Umsatzsteuerermäßigung entstehenden Steuermindereinnahmen nicht durch die linear zur aktuellen Preisexplosion steigenden Steuermehreinahmen ohnehin wieder einsammeln würde“.
Auch zum örtlichen Geschehen hat Mook klare Meinungen. Dass er in der Pandemie das Fischrestaurant „Krazy Kraken“ und später dessen Standort im Stadtteil Westend aufgab, lastet er auch einer autofahrerfeindlichen Kommunalpolitik an, der die Parkplätze rings um das Haus zum Opfer gefallen seien. „Meine Kunden kommen nicht mit dem Lastenfahrrad.“
Den Newsletter lesen viele, mit dem Bundesfinanzminister steht Mook nach eigenen Worten in regelmäßigem Mailaustausch; generell hält er sich aber zurück mit „Namedropping“. Er habe prominente Gäste, „aber ich bin kein Promiwirt“. Fotos von ihm mit bekannten Menschen, gut sichtbar aufgehängt, wie das bei anderen ist: nicht bei ihm. Dass Berichte über seine Lokale, in denen ein Glas Wein zehn Euro, eine besondere Flasche aber auch das Hundertfache kosten kann, ihm bei manchen den Ruf als Gastgeber für eine elitäre Klientel eingebracht haben, ärgert ihn. Und ist ihm andererseits gleichgültig, seine Gäste wüssten, „dass wir hier eine grundsolide Arbeit machen“.
Gibt es ein Rezept für Erfolg? Wichtig sei die Pflege der Mitarbeiter und der Stammkunden, sagt Mook. Für die einen hält er Dinge bereit wie personalisierte Steakmesser, eine Reservierungshotline und neuerdings limitierte Depotplätze in einem Tresorschrank für Edelcognac.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.07.2023, Unternehmen (Wirtschaft), Seite 21. © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv“. Bildnachweis: F.A.Z.-Foto / Michael Braunschädel