Schon der visionäre Schriftsteller und Journalist George Orwell hat klug erkannt, dass, wer den öffentlichen Diskurs rhetorisch beherrscht, auch die Wirklichkeit kontrolliert. In seinem dystopischen Schlüsselroman „1984“ beschreibt er sehr eindrucksvoll, wie die totalitäre Ingsoc-Partei eine komplett neue Sprache entwickelt, um ihre Untertanen verbal zu manipulieren und ideologisch zu indoktrinieren. Die als „Newspeak“ bezeichnete neue Sprache arbeitet dabei nicht nur geschickt mit der Eliminierung der Ambiguität, indem sie Wörter mit multiplen Bedeutungen verbietet, um so kritische Interpretationen zu verhindern, sondern auch mit dem Stilmittel des Euphemismus und dem Etablieren von kontrafaktischen Narrativen. Eine linguistische Kapriole, die neuerdings auch sehr gerne von den rhetorisch perfekt geschulten Politikern der Fortschrittskoalition verwendet wird. Sie haben nämlich ebenfalls erkannt, wie erfolgreich manipulative Sprache sein kann und haben deshalb, ganz nach dem Vorbild des orwellschen Neusprechs, eine ganz eigene Up-Side-Down-Sprache entwickelt. In ihrer Paraphrasenwelt werden aus neuen Schulden einfach ein neues Sondervermögen, aus einer fairen Besteuerung plötzlich eine großzügige staatliche Subvention, aus einer komplett neu geplanten Fleischsteuer von 40 Cent pro Kilo ein euphemistischer Tierwohl-Cent und aus einem rhetorischen „das schaffen wir nie wieder ab“ in der Realität ein „das schaffen wir wieder ab“! Selbstverständlich haben Politiker jeglicher Couleur schon immer versucht, ihre Taten schönfärberisch zu umschreiben. Allerdings haben die Politiker der Fortschrittskoalition das euphemistische Paraphrasieren zu einer extrem erfolgreichen Kunstform erhoben. Sie haben es damit sogar geschafft, dass ein Großteil der Bevölkerung tatsächlich glaubt, dass die kürzliche Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie um volle 171,43 Prozent lediglich die Rückkehr zu einer fiskalischen Normalität ist. Unglaublich, aber leider wahr!