Olaf Scholz ist ein sehr kluger Stratege und hat im Wahlkampf das gewaltige Mobilisierungspotenzial der verzweifelten Hospitality-Branche genau erkannt. Mit seinem smarten Trigger-Schwur, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie dauerhaft auf ein im europäischen Kontext faires Niveau zu senken, hat er viele Kellner, Köche und Wirte dazu motiviert, erstmalig die SPD zu wählen. In Anbetracht des äußerst knappen Wahlsiegs ist sogar davon auszugehen, dass die neugewonnenen Stimmen der Gastronomen die SPD zur stärksten Kraft im Land gemacht haben. Trotz dieser naheliegenden Vermutung glaubten viele argwöhnische Wirte nicht an die überschwängliche Dankbarkeit der Sozialdemokraten und fragten sich schon kurz nach der Wahl, mit welchem Argument die SPD das gegebene Versprechen wohl brechen will. Nun ist die Katze tatsächlich aus dem Sack. Thomas Kutschaty, der selbstdesignierte SPD-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hat kürzlich bei einer DEHOGA-Veranstaltung unverhohlen verkündet, dass mit Blick auf die erheblichen Kosten des Ukraine-Krieges die Anforderungen an einen handlungsfähigen und finanzkräftigen Staat gestiegen sind und man deshalb die endgültige Entfristung der Mehrwertwertsteuersenkung auf Restaurantspeisen jetzt noch einmal genauer unter die Lupe nehmen muss. Nun bedeutet diese düstere Drohung noch nicht zwingend, dass die SPD das Versprechen auch wirklich brechen wird. Ein perfektes Narrativ ist allerdings schon einmal gefunden und viele verängstigte Wirte erinnern sich wieder mit Schrecken an die sagenumwobene SPD-Wahlkampagne von 2005 und die damit verbundene Mutter aller gebrochenen Wahlversprechen. Wer sein Wissen über diesen epochalen Vertrauensbruch noch einmal kurz auffrischen will, sollte nicht zögern, den hier angehängten Link zu aktivieren…
PS: Für Mook-Magazin-Leser, die sich auch wundern, warum Wirte dem Staat ein imaginäre Kriegsflotte finanzieren, haben wir auch noch diesen Link angehängt…